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  • DJ Holzbank

mehr als 1000 Beiträge seit 03.09.2011

Die UN-Berichte sind wirklich lesenswert.

Ich habe interessehalber zwei davon verglichen, nämlich den von Feroz angeführten für den Zeitraum von Januar bis September 1985 und den Bericht für das Jahr 1994.

Im ersteren Falle sah die militärische Situation so aus, dass es innerhalb von Afghanistan kaum zu größeren Gefechten kam, da die sowjetischen Truppen den Zufluss von Waffen und Kämpfern an der afghanischen Grenze zu unterbinden suchten. Zu diesem Zwecke hatte die sowjetische Militärführung kurz zuvor ihre Strategie umgestellt und setzte nun verstärkt auf Spezialeinheiten, die in den Grenzgebirgen Afghanistans die Karawanen mit Waffen abfingen.
Hier eine Illustration dieser Strategie; die schraffierten Zonen an den afghanischen Grenzen markieren die eben erwähnten "Filtrationsgebiete":
> http://tinyurl.com/y3yzlwf7

Im Jahre 1994 dagegen tobte der Bürgerkrieg zwischen den verschiedenen Islamistenfraktionen in weiten Teilen Afghanistans, wobei der Schwerpunkt in Kabul lag, das 2 Mio Einwohner zählte und sowohl von Hekmatyar als auch Rabbani aus Panzern und Artillerie beschossen wurde.

Für das Jahr 1994 wird vom UN-Beauftragten, der vollen Zugang zum Land hat, die Menschenrechtssituation (die das Recht auf Leben einschließt) in vielen Teilen als durchaus "satisfactory" bewertet.

Wunderbar ist auch diese euphemistische Formulierung:
".. to the extent that State power exists, human rights are interpreted and applied in a different manner in different parts of the country". Will sagen: Die Menschenrechtssituation ist nicht gut oder schlecht, sondern irgendwie "different".

Im kaputtgeschossenen Kabul - "Kabul has now become the most destroyed city in Afghanistan"; " intensive rocketing and shelling" - zählt der Menschenrechtsbeauftragte für das Jahr 1994 8.000 Tote, obwohl die "Schlacht um Kabul" das ganze Jahr andauert.
> http://hrlibrary.umn.edu/commission/country51/64.htm

In den ersten drei Quartalen des Jahres 1985 herrschte dagegen, wie schon erwähnt, vor allem ein Grenzkrieg in den unbewohnten oder wenig bewohnten afghanischen Grenzgebirgen.
Dennoch zählt der UN-Berichterstatter, der keinen Zugang zum Land hatte, für diesen Zeitraum genau 32.755 getötete Zivilisten und 3.308 getötete Nutztiere. Kein Witz.
> https://www.refworld.org/docid/482996d02.html

P.S.
Achja, noch was. Wenn Feroz ein ernstzunehmender Journalist sein wollte, so würde er eine ihm unangenehme Tatsache wenigstens erwähnen. Nämlich: Präsident Nadjibullah erfreut sich in Afghanistan seit mindestens 10 Jahren großer Beliebtheit, unter den Paschtunen scheint er gar zum beliebtesten "Herrscher" Afghanistans aufgestiegen zu sein.

Man bekommt das z.B. mit, wenn man auf Youtube die Kommentare zu seinen Videos übersetzt oder einfach nur auf die Zahl der Aufrufe dieser Videos schaut.
Auf den afghanischen Märkten werden seine Porträts verkauft und ein Mainstream-Artikel hat dieses gut verschwiegene Phänomen sogar beschrieben.
> https://www.aljazeera.com/indepth/features/2012/06/2012618134838393817.html

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (23.02.2019 20:41).

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