...so neu ist das alles nicht. Foucault beschreibt in Ȇberwachen und
Strafen« (deutsche Übersetzung 1976) die Entwicklung der
»Disziplinargesellschaft« während der letzten paar hundert Jahre,
während der die Kontrolle und das »Monitoring« langsam internalisiert
wurde. Ulrich Becks »Risikogesellschaft« erschien 1986 (er zeigt
darin ziemlich genau die Zwickmühlen auf, in die Individuen durch die
Aufklärung über die die notwendig folgende Übernahme von Risiken
gedrängt werden - das Nicht-Wissen-Dürfen wäre in dieser Gesellschaft
grob gesagt ein Luxusgut), und Ivan Illich wettert seit Jahren gegen
die Zumutungen des »Monitoring«. Im Zusammenhang mit Silja Samerski
hätte er zumindest genannt werden müssen.
Mein Beispiel dafür ist schon einige Jahre alt: In Heidelberg wurde
vor rund 10 Jahren am zentralen Bismarckplatz eine große Anzeigetafel
aufgestellt, die die aktuellen Rußwerte, Ozonwerte, CO2-Werte und
noch einiges andere einblendet. Ohne Erläuterung sind wohl 90% der
Passanten damit überfordert, aus diesen Werten irgendwelche,
gescheige die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Möglicherweise
hat die Politik in HD tatsächlich die Aufgabe wahrgenommen, alles zu
unternehmen, um diese Werte in einigermaßen unbedenklichen Grenzen zu
halten, aber die Aufstellung der Anzeigetafel muß dennoch als Geste
gelesen werden, als Wink, bitte selber aufzupassen, was man einatmet
und was nicht.
Brisant sind diese Phänomene allemal, vor allem hinsichtlich immer
neuer Techniken, sowohl was die Erhebung der individuellen Daten, als
auch was deren Verknüpfung angeht mit Datenbanken, Statistiken, etc..
Aber sie als _neues_ Paradigma darzustellen, halte ich für riskant,
insbesondere wenn damit impliziert wird, daß die »althergebrachte«
Orwellsche Überwachung irgendwie auf dem Rückzug sei. Das aber ist
nun gerade nicht der Fall: Zur Unsicherheit, was _andere_ über mich
wissen, kommt die Unsicherheit, die das hochgradig
interpretationsbedürftige Wissen über mich selbst mit sich bringt,
lediglich _hinzu_!
Die Denkfigur der _individuellen_ Übernahme gesellschaftlicher
Risiken wiederum begegnet im politischen Diskurs an jeder Ecke. Wenn
wir alle »den Gürtel enger schnallen« müssen oder »die Renten nicht
sicher sind«, bis hin zu dem kuriosen Vorschlag, die
»Lohnnebenkosten« dadurch zu senken, daß das Krankentagegeld privat
versichert werden muß.
Also: Der Fokus auf Selbstmonitoring vs. Orwell ist irreführend,
historische Bezüge fehlen - Zeitgeist-Artikel.
Strafen« (deutsche Übersetzung 1976) die Entwicklung der
»Disziplinargesellschaft« während der letzten paar hundert Jahre,
während der die Kontrolle und das »Monitoring« langsam internalisiert
wurde. Ulrich Becks »Risikogesellschaft« erschien 1986 (er zeigt
darin ziemlich genau die Zwickmühlen auf, in die Individuen durch die
Aufklärung über die die notwendig folgende Übernahme von Risiken
gedrängt werden - das Nicht-Wissen-Dürfen wäre in dieser Gesellschaft
grob gesagt ein Luxusgut), und Ivan Illich wettert seit Jahren gegen
die Zumutungen des »Monitoring«. Im Zusammenhang mit Silja Samerski
hätte er zumindest genannt werden müssen.
Mein Beispiel dafür ist schon einige Jahre alt: In Heidelberg wurde
vor rund 10 Jahren am zentralen Bismarckplatz eine große Anzeigetafel
aufgestellt, die die aktuellen Rußwerte, Ozonwerte, CO2-Werte und
noch einiges andere einblendet. Ohne Erläuterung sind wohl 90% der
Passanten damit überfordert, aus diesen Werten irgendwelche,
gescheige die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Möglicherweise
hat die Politik in HD tatsächlich die Aufgabe wahrgenommen, alles zu
unternehmen, um diese Werte in einigermaßen unbedenklichen Grenzen zu
halten, aber die Aufstellung der Anzeigetafel muß dennoch als Geste
gelesen werden, als Wink, bitte selber aufzupassen, was man einatmet
und was nicht.
Brisant sind diese Phänomene allemal, vor allem hinsichtlich immer
neuer Techniken, sowohl was die Erhebung der individuellen Daten, als
auch was deren Verknüpfung angeht mit Datenbanken, Statistiken, etc..
Aber sie als _neues_ Paradigma darzustellen, halte ich für riskant,
insbesondere wenn damit impliziert wird, daß die »althergebrachte«
Orwellsche Überwachung irgendwie auf dem Rückzug sei. Das aber ist
nun gerade nicht der Fall: Zur Unsicherheit, was _andere_ über mich
wissen, kommt die Unsicherheit, die das hochgradig
interpretationsbedürftige Wissen über mich selbst mit sich bringt,
lediglich _hinzu_!
Die Denkfigur der _individuellen_ Übernahme gesellschaftlicher
Risiken wiederum begegnet im politischen Diskurs an jeder Ecke. Wenn
wir alle »den Gürtel enger schnallen« müssen oder »die Renten nicht
sicher sind«, bis hin zu dem kuriosen Vorschlag, die
»Lohnnebenkosten« dadurch zu senken, daß das Krankentagegeld privat
versichert werden muß.
Also: Der Fokus auf Selbstmonitoring vs. Orwell ist irreführend,
historische Bezüge fehlen - Zeitgeist-Artikel.