csitte schrieb am 25.06.2021 12:35:
Ich strebe an, irgendwann, wenn ich noch bei klarem Verstand bin und merke, dass die Kräfte arg nachlassen, in Ruhe eine Tablette zu nehmen und dann zu gehen. Warum sollte ich mir und meiner Umwelt meine Pflege zumuten?
Ich kann diese Einstellung absolut nachvollziehen. Leider funktioniert das oft so nicht. Mein Stiefvater hatte die gleiche Einstellung. Aber dann kann schleichend eine Demenz daher. Bis er 75 war, war er fit wie ein 40jähriger. Dann hat er langsam abgebaut, leider eben auch geistig. Er konnte körperlich nicht mehr alles machen, hat es aber 0 eingesehen. Fast taub und mit 20% Sehkraft ist er noch Auto gefahren, er war nicht davon abzuhalten. Wenn irgendetwas passiert ist, oder nicht geklappt hat, wurde er wütend. Oft auf meine Mutter. An ihm lag es ja nie, immer nur an den Anderen. Er kam mit nichts mehr klar. Konnte keinen Flug mehr buchen, weil das ja nur online geht. Die bösen Computer "vergewaltigen ihn", war sein Spruch. Irgendwann konnte er nicht mehr zuhause wohnen bleiben, er ließ dauernd den Herd an, das Wasser laufen, hat sich eingepinkelt, ist gestürzt, hat das Zeitgefühl völlig verloren und ist deshalb mitten in der Nacht aufgestanden und hat geduscht (Er war natürlich nicht schuld, sondern sein archaischer Wecker, der falsch herum auf dem Nachttisch stand), etc. Und er wollte natürlich überhaupt nicht ins Heim, musste aber. Voll das Drama. Weil das so schleichend kam, war der Plan, von wegen "freiwillig rechtzeitig gehen" nie mehr ein Thema.
Fazit: Alt werden ist scheiße, solange es nichts wirklich wirksames gibt, was frühzeitig einer Demenz vorbeugt. Mein leiblicher Vater ist an Krebs gestorben. Das war schlimm. Aber im Nachhinein denke ich jetzt: Immer noch nicht so schlimm, wie Demenz.
cu
braeutigam