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  • demon driver

mehr als 1000 Beiträge seit 25.02.2000

Dummer, blinder Aktionismus

Dieses ganze Buy-Nothing-Day-Gemache ist unüberlegter, blinder
Aktionismus. Daß sich hiesige Organisationen, sei es der
Verbraucherschutz oder wer auch immer, nicht unreflektiert vor diesen
Karren spannen lassen, würde sie sogar ehren, wenn man nicht annehmen
müßte, daß es eher aus Desinteresse oder womöglich einer schwammigen
Furcht vor Extremistischem heraus unterbliebe. 

Buy-Nothing-Day? Eine "Lichterkette gegen den Konsumterror" wäre auch
nicht noch viel blöder. Wen will man eigentlich konkret treffen? Die
Hersteller? Die bösen großen Kaufhäuser? Inklusive oder ausgenommen
ihre Angestellten? Die vielleicht nicht ganz so bösen kleinen Läden
auch? Was bringt es außerdem, wenn alle dann halt morgen kaufen, was
sie sonst heute gekauft hätten?

Und was will man erreichen, was ist das Ziel? Daß die Leute allgemein
weniger und sinnvoller kaufen? Schöne Idee - aber, nur mal angenommen
die Konsumgüter, die in den Augen eines Verfechters dieser Idee
ausreichend und sinnvoll wären, betrügen 25% dessen, was der
Durchschnittsbürger tatsächlich so kauft, und die Kampagne hat
Erfolg, und alle kauften ab sofort nur noch diese 25%, was würde das
wohl für Folgen für die Volkswirtschaft haben? Und was würde das in
unserem System wohl für den Umweltschutz bedeuten, den sich eine
kapitalistische Volkswirtschaft erst mal leisten können muß? Und was
ist überhaupt mit dem immer größer werdenden Teil der Bevölkerung,
der sich nicht mal die 25% leisten kann?

Die Konsumbedürfnisse der Bürger werden sich durch solche Aktionismen
kaum ändern lassen. Wer sich davon beeinflussen läßt, dürfte ohnehin
jemand sein, der sich wenigstens ein bißchen Gedanken macht, auch
darüber, was er wo und warum kauft. Auch die Bewegung hinter dem
Buy-Nothing-Day selbst wird nicht wirklich konkret, wenn man sich mal
die Seiten ansieht, auf die im Text hingewiesen wird; letztlich soll
es darum gehen, ein "Zeichen zu setzen". Daß der Un-Begriff "Zeichen
setzen" eine der Lieblingsworthülsen der etablierten Politik ist,
scheinen manche nicht begriffen zu haben; es heißt nichts anderes,
als nur so zu tun, als würde etwas getan; man faßt rein kosmetische
Beschlüsse, um den Bürgern vorzugaukeln, man handele mit der
lediglich angedeuteten Zielrichtung.

Die Kampagne ist außerdem ein treffliches Beispiel für die negativen
Aspekte der Unorganisiertheit der Linken. Anstatt nach den
Erfahrungen mit dem Staatsozialismus und den nur zu deutlich
werdenden Erkenntnissen über den neoliberalen, postindustriellen
Kapitalismus langsam mal wirkliche Konzepte für ein funktionierendes,
Grundbedürfnisse und Freiheiten sicherndes Gesellschaftssystem zu
erarbeiten, bündeln allzu viele Teilgruppierungen, wenngleich sie
alle eine völlig berechtigte und zum Teil fundierte Kritik an
Bestehendem üben, ihre Kräfte, lediglich um "Zeichen zu setzen", die
auf diese Art und Weise nun wirklich keiner braucht.

Grüße,
d. d.
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