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  • Rkahr

mehr als 1000 Beiträge seit 25.04.2023

Interessant ist vor allem eines

Dies ist das allererste Mal, dass wir darüber sprechen, wie selbst unter den tiefsten Anhängern der jüdischen Gemeinschaften weltweit erstaunlich unterschiedliche Standpunkte bezüglich der Situation existieren. Fast so als wären die kein Monolith, und teilweise selbst die schärften Kritiker israelischer Politik. (Kleiner Witz am Rande: Man hat 10 jüdische Männer in einem Raum, wie viele Meinungen zu einem Thema gibt es? 3628800, und wenn einer der Männer zufällig Rabbi ist, hat man sich hoffentlich ein Mittagessen eingepackt, weil das kann jetzt dauern. )

Wenn man bisher die Berichterstattung der Medien verfolgt hat, könnte man den Eindruck gewinnen, dass jede jüdische Gemeinde weltweit damit einverstanden ist, dass Israel den Gazastreifen als "Vergeltung" für die Taten der Hamas in Besitz nimmt. Es könnte den Anschein erwecken, dass jede Person, die jetzt nicht vor der Aktion flieht, als Hamas-Kämpfer betrachtet wird und somit ein legitimes Ziel für Israels Selbstverteidigung darstellt, und nicht als ziviles Opfer.

Interessanterweise kann man, wenn man genau dieselbe Logik anwendet, jeden unschuldigen Besucher des Musikfestivals, der zuvor Wehrdienst geleistet hat, als ein legitimes Ziel für Palästinas Selbstverteidigung betrachten. Diese Menschen haben wahrscheinlich auch nichts mit den Gräueltaten zu tun, über die sich die Palästinenser empören. Die wollten vermutlich Musik hören und ein bisschen tanzen.

Es ist wirklich bemerkenswert, wie in solchen Momenten einige Menschen schärfere und entschiedenere Positionen einnehmen. Dies erinnert fast an die Reaktion auf die Ereignisse im Jahr 2014, als es um die außerhalb Russlands lebenden Russen ging. Damals gab es auch viele online Aktivisten, die forderten, dass jeder Russe im Ausland sofort Stellung beziehen sollte, und zwar nur in eine bestimmte Richtung, am besten unter seinem richtigen Namen, um zu beweisen, wie loyal er oder sie jetzt war. Es war nicht mehr akzeptabel zu sagen: "Ich wurde in Wuppertal/Hamburg/Berlin geboren, war in den Sommerferien oft in Russland, hab da Familie, aber kenne mich nicht wirklich mit russischer Politik aus." Stattdessen hieß es nur noch: "LOL, das ist eine russische Person des öffentlichen Lebens die nicht Stellung beziehen will die uns passt, ANGRIFF!!!"

Es scheint, als ob sich eine ähnliche Dynamik nun auch im Zusammenhang mit Israel entwickelt. Es tut mir leid für all die Menschen, die das nicht möchten und sich gezwungen fühlen könnten, aufgrund der "bezahlten Meinungsführer" nachzugeben. Da ist es richtig erfrischend, auch mal beide Seiten zu hören. Im richtigem Leben scheint man da sehr wohl differenziert denken zu dürfen. Deswegen lese ich Telepolis. Da bekommt man wenigstens ab und an mal Hoffnung.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (16.10.2023 13:31).

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