sähe es warscheinlich anders aus.
Sie, und ich übrigens auch, sind in einer Zeit in den Beruf eingestiegen, in der die Arbeitswelt noch in Ordnung war. Durch starke Gewerkschaften wurden damals noch die Löhne und Gehälter der Produktivitätssteigerung angepasst. Jährliche tarifliche Lohnerhöhungen von 3%-5% waren normal.
Ich habe 1993 ein Eigenheim sogar mit 5,8% Anfanfszins gekauft. Die monatliche Belastung bei 15 Jahre Zinsfestschreibung und jährlichen Lohnerhöhung betrug zu Beginn ca. 20% vom Netto. Am Ende waren es unter 10%. Davon können heutige Häuslebauer oder Käufer auch bei einem Zins von 1,5% nur träumen. Nach 25 Jahren war das Haus bezahlt und keiner nahm mit Geld für´s Wohnen, wie heute 30%-50% vom Netto, ab. Da viel es nicht schwer zusätzlich einen Finanzstock aufzubauen.
Alle die, die nach ca. 1995 in den Arbeitswelt eingestiegen sind, haben den Zerfall des sozialen Friedens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erlebt. Mit der Agenda2010 wurde es dann richtig heftig. Die Tarifbindung wurde aufgeweicht. Firmen traten aus den Arbeitsgeberverbänden aus oder konnten Haustarife, schlechter als der allgemeine Tarif, abschließen. Leute wie ich, und vielleicht auch sie, bekamen zum Ausgleich aussertarifliche Gehaltserhöhungen. Die Schere im Mittelstand öffnete sich immer weiter. Es macht einen großen unterschied ob ich 2% Gehaltserhöhung bei 2500€ Brutto bekomme, oder bei 8000€ Brutto plus großzügigem Aufrunden nach oben.
Der Mittelstand von heute im Alter zwische 20 und 50 ohne Eigenheim hat bei 60% Kurzarbeitergeld Probleme die Fixkosten zu zahlen ohne am "Essen" zu sparen. Schon alleine die Kosten fürs Wohnen machen dann schon mal mehr als 50% des verbleibenden Nettoeinkommen aus. Die restlichen Kosten wie Versicherungen oder sonstige vertragliche Bindungen sind nicht um 60% gesunken.
Diejenigen, die während der Pandemie volle Bezüge bekommen haben, haben finanziell keinen Schaden erlebt. Mussten aber ansehen, wie in ihrem Umfeld kleine Unternehmen dicht machten oder einen großen Teil ihrer Belegschaft entlassen mussten. Teile, die sich vor der Pandemie zum Mittelstand zählten. Und mit offenen Augen kann man sehen, wie um den 1. des Monats beim Discounter die Läden und die Einkaufswagen besonders voll sind.
Augen auf und nicht nur seine eigene Blase verallgemeinern.