Nach wie vor bin ich der Ansicht, dass Trump nie vorhatte, die Wahlen tatsächlich zu gewinnen. Er baute ja im Spätsommer sogar für seine Niederlage vor als er meinte, einen Wahlsieg Clintons nicht unbedingt anerkennen zu wollen.
Als knapper Wahlverlierer hätte er das machen können, was ihm am meisten Freude macht: gegen die Regierung und deren gewählte Vertreter feuern. Nur so kann man sich den erneut bizzarren Auftritt vom Samstag Abend erklären. Die ganze Show wirkte wie ein Wahlkampfauftritt. Es wurden keine Neuigkeiten oder konkrete Regierungspläne verkündet, statt dessen argumentierte Trump wie ein Oppositionspolitiker, der um Unterstützung seiner Wähler buhlt.
Dabei ist der Wahlkampf seit fast vier Monaten vorüber. Trump ist Präsident und hat für vier Jahre ein Mandat bekommen. Anstatt nun für Unterstützung im Kongress und im Regierungsapparat zu werben, macht der Mann einfach weiter Wahlkampf.
Aus meiner Sicht gibt es dafür nur zwei Erklärungen:
1. er braucht die Anerkennung und Bestätigung seiner Anhänger, die er in Washington nicht in dem Maße erhält, wie er es gerne hätte.
2. er benötigt tatsächlich die Unterstützung seiner Wähler, weil ihm ein Staatsumbau unbekannten Ausmaßes vorschwebt. Andeutungen dieser Art gab es ja schon früher, z.B. von Bannon der mit der Aussage zitiert wird:
I am a Leninist. [...] Lenin wanted to destroy the state and that’s my goal too [...] I want to bring everything crashing down and destroy all of today’s establishment.
https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/feb/06/lenin-white-house-steve-bannon
Damit kann nur die Entmachtung bzw. völlige Umstrukturierung des Kongresses gemeint sein, denn dieser hat die Macht, die meisten politischen Vorhaben des Präsidenten zu unterminieren.
Ja klar ist das eine VT, aber aus meiner Sicht die einzig plausible Erklärung für seinen fortgesetzten Wahlkampf, die nicht psychologisierend auf seinen fortgeschrittenen Narzissmus abhebt.
Seine ganze Politik (Dekrete, Reden, Nominierung von Ministern) wirkt bisher eher wie ein Puzzlespiel denn wie eine klare politische Agenda. Daher der Grundgedanke, dass Trump pausenlos improvisiert und nur so tut, als folge er einem großen Masterplan.
Flinx