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  • Raumflieger

432 Beiträge seit 12.08.2024

Gestern im Gespräch mit einem Freund ...

... kam ein interessanter Standpunkt auf den Tisch. Wir sind ja politisch sehr unterschiedlich unterwegs, er als Nordlicht, ich als in Süddeutschland lebender "Exil-Ossi". Während ich also durchaus Verständnis sehe, warum jemand AfD wählt (in Sachsen wegen Chrupalla, in Thüringen trotz Höcke), lehnt er diese Sichtweise ab.

Und obschon er einen stark grün angehauchten Lebensstil fährt, einschließlich nahezu autarkem Solarhaus und Elektoauto vor der Garage - die günstigen norddeutschen Immobilienpreise machen es möglich - kann er nicht länger die Ampel unterstützen. Denn er ist ausgesprochener Kriegsgegner: er versteht zwar die Unterstützung der Ukraine, lehnt aber Kriege insgesamt ab, also auch die so genannten "Interventionskriege". Das Recht auf Verteidigung sei hier die Ausnahme.
Wir beide sind uns einig, dass keine Nation und kein Staatenbund der Welt das Recht haben sollte, interventionistisch einzugreifen, sondern allein die UN ein entsprechendes Mandat erteilen muss, wenn alle anderen Optionen ausgeschöpft worden sind. Wäre dies seit Jahrzehnten so der Fall, hätte es den "War on Terror" nie in der Form gegeben und die Kriegseinsätze im Irak oder Afghanistan, in Syrien usw. wären nicht durchgeführt worden.
Und ja, auch der Tschetschenienkrieg sei nicht vergessen, und der aktuelle Ukraine-Krieg. Auch diese Konflikte basieren am Ende auf dem Casus Belli "Intervention".

Wo wir auch überraschend auf der gleichen Seite stehen, ist beim Thema Energiewende zu suchen, auch bei den Sondervermögen und ihre Verwendung. Wie gesagt, der gute Freund, den ich inzwischen über 10 Jahre kenne, ist eher "grün", während ich eher "konservativ" eingestellt bin. Normalerweise müssten wir ja eigentlich die Politik ausklammern, um uns nicht in die Haare zu kommen. Aber überraschenderweise sehen wir es gleich: die Energiewende wurde verkackt, die "Dunkelflaute" könnte man abmildern durch bessere Speicher und ein dichteres Energienetz, um Windstrom / Solarstrom besser in der Republik verteilen zu können. Zwar lehnt er den Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken ab, während ich aus technischen Gründen den Betrieb für sinnvoll erachte (Netzfrequenzstabilisierung und Pendelpunkt für Blindleistungen), aber insgesamt sind wir beide der Ansicht, dass wir deutlich mehr machen könnten, wenn nur der Wille dafür da wäre.
Wir liegen in vielen Details auch weit auseinander, z.B. bei der Sinnhaftigkeit von riesigen Windrädern, um in Süddeutschland überhaupt Windenergie zu erzeugen (Aufwand & Nutzen sei zu hinterfragen), während im Norden kleine, relativ leicht aufzubauende Windräder reichlich Strom erzeugen können. Soll heißen: gemeinsam gleiches Ziel, aber jeder für sich individuelle Denkansätze.

Und das ist auch nötig! Denn das, was in Norddeutschland anwendbar ist, funktioniert in Süddeutschland nicht und umgekehrt. Wir brauchen also eine auf die Region angepasste Energieerzeugung, aber überregionalen Energietransfer, damit sich Nachteile aufheben und Vorteile ergänzen können. Dann klappt's auch mit 75% Erneuerbaren.

Die Versäumnisse kann man der Ampel zwar nicht anlasten, wohl aber den an den Tag gelegten Wahnsinn, alles nachzuarbeiten in 4 Jahren, was in 20 Jahren liegengeblieben ist, ohne Berücksichtung der Konsequenzen für die Versorgungssicherheit. Zugleich will man noch immer die Pfründe privater Stromkonzerne schützen - was unser beider Ansicht nach einfach nicht mit den Zielen der Energiewende vereinbar ist. Die Kosten dafür gehören in private Hand gelegt, wenn daraus auch private Profite gezogen werden sollen. Und soll die Allgemeinheit aufkommen für Netz und Windräder und Solarparks, dann sollte das auch Allgemeingut sein. Sein Vorschlag war, die 200 Milliarden Euro "Klimasondervermögen" hernehmen und die Energiewende finanzieren damit. Der erste Schritt dazu: "Rückkauf privater Stromkonzerne zu Staatsunternehmen".

Dem musste ich beipflichten. Was die Energiewende teuer macht, sind neben übermäßigen Steuern auf Energieträger eben auch Profitoptimierung der Erzeuger. Die lasten die Kosten der Gesellschaft auf und behalten die Gewinne ein - das geht aber einfach nicht. Das muss aufhören.

Die Ampel-Koalition lässt aber nicht durchblicken, dass die Erzeuger ihre Kosten mittragen oder vertaatlicht werden sollen, um die Energiewende zu ermöglichen.

Wir haben nur mal so die drei Punkte (Krieg, Energiewende, Solarhäusle) angequatscht gehabt, gut 2 Stunden sind wir gesessen. Und ganz ehrlich? Wenn sich zwei "politische Gegenpole" mal vernünftig unterhalten können, kommt vielleicht auch was raus. Solange wir uns aber Kampfbegriffe an den Kopf werfen und grundsätzlich jede Debatte toxisch verläuft, brauchen wir uns nicht wundern, dass so überhaupt nichts rauskommt und kein Problem mehr gelöst wird.

Vielleicht doch mal die Themen anfassen der AfD und prüfen, ob da nicht was dran ist? Es geht ja nicht nur um das leidige Thema "Migration", so singulär ist diese Partei schon lange nicht aufgestellt. Zugleich die Grünen etwas mäßigen in ihren Maximalforderungen - dann ist vielelicht wirklich was möglich im Land.
Allein mir fehlt die Hoffnung, dass sich da was dreht. Entsprechend sind wir beide, mein Freund und ich, trotz politischer Gegenpole, einig, warum wir unzufrieden sind mit der Ampel.

Da sei die Frage gestellt, wer eigentlich noch "zufrieden" sein kann, außer die Waffenhersteller und Wärmepumpenproduzenten? ;-)

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