Eine Fußnote zur Kritik des Autors am Aktienmarkt:
Dass durch die Kapitalaufnahme über Aktien der Profit maximiert würde, stimmt so allgemein nicht. Es kann auch der umgekehrte Effekt eintreten, dass nämlich der Profit für die Kapitalisten (durchschnittlich auf die Klasse bezogen) sinkt und im gleichen Maß der Arbeiterklasse mehr vom Wert des Produkts bleibt, das sie produziert. Effektiv sinken also Profit- und Ausbeutungsrate. Die Bedingung dafür ist freilich, dass genügend Menschen aus der Arbeiterklasse in Aktien(fonds) investieren. Sie bewirken dadurch tatsächlich eine Umverteilung des Profits von den Kapitalisten zurück zu den Arbeitern. Dies ist nicht weniger revolutionär als jede beliebige Maßnahme im Arbeits- und Lohnkampf, die dieselbe Wirkung hat. Ich will hier nichts schönreden, bin selbst überzeugter Marxist. Aber zur Wahrheit gehört auch diese Fußnote. Durch kluge Vermögensanlage – die überhaupt nicht schwer ist – hat jeder Proletarier ein Mittel, seine individuelle Ausbeutungsrate zu senken und sich etwas davon zurückzuholen, was ihm die Kapitalisten durch Ausbeutung genommen haben. Ich selbst z.B. sichere mir durch Investition in den Aktienmarkt ein bescheidenes bedingungsloses Grundeinkommen, das mich auch überleben lässt, ohne dass ich zu Dauermaloche gezwungen wäre. Andere, die früher anfangen zu investieren und mehr investieren, können sich früher vom Arbeitszwang befreien.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Das ist keine Minderung der Kritik am Kapitalismus. Auch bei Aktiengesellschaften haben die Arbeiter null Kontrolle über die Produktion, sondern es wird nach dem stumpfsinnigen Diktat des Marktes in einer Tyrannei des Privateigentums produziert. Der Kapitalismus gehört ganz klar abgeschafft bzw. einfach nicht weiter aufrecht erhalten – in dem Punkt bin ich schon viel weiter als der Autor. Ich wollte nur ein ganz praktisches Mittel des Klassenkampfs aufzeigen, wie jeder seine persönliche Ausbeutungsrate senken kann.