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283 Beiträge seit 08.06.2017

Homogenitätsdruck im ideologischen Sumpf

Worin die neoliberale Ideologie ja gut ist, dass ist die Verschleierung ihrer Propaganda. Mit positiv besetzten Leitbegriffen wie Freiheit, Modernisierung und Karriere richtet sich der Nachwuchs ganz von selbst darauf aus und lässt sich bereitwillig umgestalten zu einem passenden, d.h. sich ins Milieu einpassenden Werkzeug. Propaganda ist nicht nötig, wenn man durch Anpassung, d.h. vorauseilenden Gehorsam, am Erfolg teilhaben kann.

Einem Siegel wie "Bank des Jahres" kann man nur soweit trauen, wie man eine Kuh werfen kann. Selber habe ich mal an einer solchen Befragung teilgenommen. Die Fragen und Antworten waren so angelegt, dass ich nicht das antworten konnte, was ich gewollt hätte. Ich fand sie meistens zu pauschal, wobei es in vielen Fällen entscheidend gewesen wäre, differenzieren zu können. Das Design solcher Erhebungen halte ich darum für höchst zweifelhaft (so wie alle Fragebogen-Aktionen). Sie lassen nur einen definierten Raum von Ergebnissen zu, sind also fiktiv/konstruiert/voreingenommen.

Die Ökonomisierung der Bildung durch Privatunis und Einrichtungen wie eine Chancen eG sprechen für sich, und zwar in der Sprache des Neoliberalismus: Weg mit dem Staat, her mit der Privatwirtschaft! Allein schon eine Privatuni zu gründen ist ein subversiver Akt, der öffentliche Aufgaben an sich reisst. Die Elitenorientierung ist dabei ohnehin klar. Kein Wunder auch, dass man sich zu BAföG-Empfängern bedeckt hält. Die werden wohl höchstens in homöopathischen Dosen dort zu finden sein.

Typisch obszön für Wirtschaftshansel ist auch eine Wortbildung wie "Recruiting-Abend Heiratsmarkt". So etwas kann nur in einem geschlossenen Milieu entstehen, wo alle ihre Karrierechancen für so sexy erachten, dass es einfach ein Bund fürs Leben sein muss. Klingt ein bisschen nach Sekte. Abtörnende Nebensachen wie kritisches Denken und freie Wissenschaft haben da jedenfalls klar verloren.

Ob die Uni Witten/Herdecke von Bertelsmann durchsetzt ist oder nicht, ist vielleicht gar nicht so sehr der Punkt bzw. wäre nur für diesen Einzelfall interessant. Bertelsmann ist völlig austauschbar, wie der Blick aufs Kuratorium zeigt, die sind alle gleichgesinnt, eine homogene Interessengruppe, die mittels Privatunis ihren Nachwuchs produziert. So muss auch nicht Bertelsmann allein Geld reinstecken, denn andere Nachwuchs suchende Unternehmen und "alte Herren"* können mitfinanzieren. Das schließt dann wohl auch aus, dass sich die Uni aus Transparenzgründen in "Bertelsmann-Universität Witten/Herdecke" umbenennt... ;-)

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* Begriff aus der Verbindungs-Netzwerkerei und Nachwuchsförder-(Un)Kultur

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