Raumflieger schrieb am 25.08.2024 14:03:
Hätte man den 1. Weltkrieg auch nur ein wenig "anders" beendet, vielleicht hätte es uns die Fortsetzung erspart.
Zumindest hier ist das vor so 30 Jahren gängige Geschichtsbuch ziemlich deutlich gewesen: der "Versailler Friedensvertrag" war im Grunde ein "Diktatfrieden". Ich weiß nicht, was heut drin steht, die Historiker sind sich aber ziemlich einig, dass damals eben kein Frieden auf Augenhöhe beschlossen wurde, sondern die Revanchisten federführend waren. Immerhin galt damals "Erbfeindschaft" zwischen Frankreich und dem deutsches Kaiserreich, die nicht erst mit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 begonnen hatte.
Am Ende gab's genau zwei Gründe, warum der Österreicher sich zum F***** aufschwingen konnte: die so genannte Dolchstoßlegende, welche die Armee "im Felde unbesiegt lassen sollte", was vor allen Dingen von OHL General Ludendorff verbreitet wurde und eine dreiste Lüge war, als auch eben der "Friedensvertrag von Versailles", welcher effektiv Land & Leute demütigen und mit kaum erfüllbaren Forderungen auf Jahrzehnte kleinhalten sollte.
Im Grunde hätte man damals "einfach" die Forderungen knapper halten sollen. Der Kaiser hätte Kaiser bleiben müssen. Die Gebietsabtretungen wären kaum vermeidbar gewesen, hätten aber nicht im Osten, sondern im Westen des Kaiserreichs stattfinden müssen, da hier der Krieg bis zuletzt tobte, während der Separatfrieden mit Russland bereits 1917 vollzogen worden war (und technisch gesehen hatten die Deutschen "gewonnen").
Die Besetzung des Ruhrgebietes zur Deckung eines Teils der Reparationen ist mE nach akzeptabel, hätte aber zeitlich terminiert werden müssen. Da die Reparationszahlungen auf 99 Jahre (!) ausgelegt waren, hatten die effektiv den Charakter von Tributzahlungen, da ging's also auch weniger um "Kriegsschadenersatz" als um "Demütigung".
Die grundsätzliche Demilitarisierung der Streitkräfte zu Lande, Wasser & in der Luft wiederum ist angesichts des Krieges wieder verständlich, hätte aber ebenfalls terminiert werden müssen.Am Ende des Tages hätte klar sein müssen, dass nach 20, 25 Jahren spätestens die Forderungen aus dem Friedensvertrag von Versailles vollumfänglich hätten erfüllt werden können. Das wären immernoch sehr harte Bedingungen gewesen, aber hätten vermutlich dem Österreicher weit weniger Nahrung gegeben, um sich als "Erlöser" präsentieren zu können - um anschließend die Welt in eine zweite Dunkelheit zu stürzen.
Knappere Forderungen hätten nicht gereicht (von den Mittelmächten kam Deutschland sogar noch am besten weg) da Versailles im Nachhinein auch vieles angelastet wurde was tatsächlich hausgemacht war, z.B. die Inflation. Die entstand primär weil die Kriegskosten nur über Kredite und nicht über Steuern aufgebracht wurden. Nur ein Sieg mit Plünderung der Kassen der Gegner hätte die Inflation verhindern können. Aber wie in so vielem erwies es sich als bequemer die Schuld bei jemand anderen zu sehen als einen eigene Fehler einzugestehen.