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Re: Das Hauptproblem des Marxismus ist ein anderes...

/Rak schrieb am 19.05.2024 15:27:

.. es ist das Problem, das er den Menschen ein ganz bestimmtes Denken in marxistischer Ideologie verordnen möchte. Und er möchte dann auch das ganze mit einer Partei und hierarchischen Macht-Strukturen umsetzen. Wobei das Individuum hier dann deutlich zurück tritt hinter die "kommunistische Gemeinschaft" und sich dieser mehr oder weniger unterordnen muss - geführt von der allwissenden Partei eben.

Es gibt heftigste Unterschiede zwischen Marx/Engels zur Zeit der Ausgabe der "Kritik der politischen Ökonomie", Marxismus, Sozialdemokratie und Marxismus-Leninismus in den diversen mittlerweile existierenden Geschmacksrichtungen zwischen 1848 und 1989. Das ist nicht alles dasselbe. Es trägt nichts zur Aufklärung bei, das alles pauschal in einen Topf zu werfen.

Während du das im politischen Anarchismus eben genau nicht hast. Da geht es eher darum einen Konsens für das friedliche Zusammenleben von höchst unterschiedlichen Individuen zu finden.

Das ist nach Marx genau das Problem mit Ideologien, dass sie versuchen, die Realität nach einem Ideal zu gestalten, ohne sich über die handfesten Grundbedingungen menschlicher Handlungsweisen im Klaren zu sein - was dan irgendwann kläglich scheitert. Wenn du in einer anarchistischen Gruppe mehr als 10 höchst unterschiedliche Individuen hast, werden die sich in der Regel bald darauf spalten und nichts mehr miteinander zu tun haben wollen. Von wegen friedlich, ich habe schon davon gehört, wie zwischen zerstrittenen anarchosyndikalistischen Kleingruppen über die Verwendung vorhandener Ressourcen die Messer gezückt wurden. Also jetzt mal als Extrembeispiel...

Und den einen Anarchismus gibt es da auch nicht. Sondern höchstens als Gemeinsamkeit die Grundhaltung, dass man sich wo möglich eben gegenseitig hilft (statt sich zu bekriegen) und dass man darauf achtet, dass möglichst keiner zu viel Macht über andere Menschen/Individuuen ausübt - auch nicht als Gruppe. Wobei möglichst immer ein Konsens erreicht werden soll. Aber der einzelne ist eben nicht nur ein untergeordneter Teil der Gemeinschaft, die da auch nicht von oben nach irgendwelchen Dogmen gelenkt wird, die lenkt sich da möglichst selbst.

Das ist eben die grosse Frage - Lässt sich eine Gesellschaft mit ihren komplexen Strukturen durch gemeinsame, freiwillige Willenshandlung umformen - was es erfordern würde, dass alle Teilnehmer und Nachkommen diese Grundhaltung aus freien Stücken gegen alle Widrigkeiten übernehmen und halten würden, oder ist die Möglichkeit dieser gemeinsamen Grundhaltung bedingt durch die politökonomischen gesellschaftlichen Verhältnisse? Ich neige mittlerweile zu letzterer Ansicht, da alle bisherigen Versuche der willentlichen Setzung über kurz oder lang grandios gescheitert sind.

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