Soweit einverstanden, nur nicht mit folgender Aussage:
Sie [Menschenrechtsverbrechen] finden, wie die Erklärung des Chefanklägers zutreffend ausführt, seit dem 8. Oktober auch auf palästinensischem Boden statt.
In Wirklichkeit finden sie, wenn auch nicht in dieser Häufigkeit und Intensität, schon seit Jahrzehnten auf palästinensischem Boden statt, so wie auch jetzt nicht nur im Gaza-Streifen, sondern auch im Westjordanland.
Das ist ein zentraler Punkt. Man darf nicht umstandslos die israelische Ereignisinterpunktion übernehmen, der 7. Oktober hat eine lange Vorgeschichte, die ihn nicht rechtfertigt - das nicht nur dahin gesagt, sondern betont -, aber nachvollziehbar macht. Man darf nicht ausblenden, dass im Gaza-Streifen seit vielen Jahren Ghetto-artige Verhältnisse herrschten, keine Spur von Reisefreiheit, ständiges Kujonieren an den Checkpoints, Rationierung lebenswichtiger Güter - was Wunder, wenn die Bewohner auf ausgedehnte Tunnelbauten verfielen -, in mehreren kürzeren Kriegen massive Zerstörung ziviler Bauten, man könnte noch Vieles aufzählen, das alles andere als menschenrechtskonform ist.
Israel stünde es als der weit mächtigeren Seite und dem de facto-Nachzüglertum gut an, konstruktive Initiativen zu ergreifen. Das Gegenteil ist der Fall, israelische Rechtsextreme haben sich immer mehr durchgesetzt, die gesamte israelische Gesellschaft in ihre Ecke gedrückt, in die bedingungslose Verfeindung getrieben. Das ist eine tragische Fehlentwicklung, die man dringend thematisieren muss. Die Justizialisierung des Konflikts ist zweischneidig, sie kann das manichäische Moment noch weiter verstärken, sie könnte aber auch den Anstoss geben, die eigne Position grundlegend zu überdenken.