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  • denkbar

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Die Dilemmata von Produktion & Handel

marasek schrieb am 31. Dezember 2009 20:43

> Derzeit produziert man ja ins Blaue hinein und kann die Überschüsse
> einstampfen.

1.) Es liegt im UREIGENSTEN Interesse des Produzenten/Händlers
niemals zuviel oder zuwenig Güter zu produzieren/einzukaufen. Er
versucht daher, durch möglichst intelligente Planung sich der real
zum Zeitpunkt X und am Ort Y existenten Nachfrage anzunähren. Nur:
Niemand kann das perfekt, es sind immer nur
Schätzungen/Mutmaßungen/Annahmen/Vermutungen/Spekulationen. Denn
niemand kann in die Zukunft schauen.

2.) Für sehr viele (NICHT: ALLE!) Märkte gilt, daß unverkäufliche
oder mit nur mit Verlust verkäufliche Überschüsse (schlechte
Planung!) für den Händler billiger sind, als entgangene Geschäfte
dadurch, daß er zuWENIG Güter einkaufte (ebenfalls schlechte
Planung). Also: Lieber 10 Salatköpfe zuviel eingekauft (die man nur
mit Verlust oder gar nicht loswird), als 10 Salatköpfe zuwenig
eingekauft (die man zu einem guten Preis hätte weiterverkaufen
können...)
Deswegen gibt es in der freien Marktwirtschaft sehr häufig
Sonderangebote, aber nur sehr selten leere Regale.
Den Kunden kann das nur freuen: Immer sicherere Güterversorgung und
zudem gibts häufig Schnäppchen.

Zähle einfach mal die Sonderangebote bei Aldi und vergleiche sie mit
leeren Regalen bei Aldi.

Du wirst festellen, daß selbst Aldi (eine Fa. die vergleichsweise
exzellent plant!) immer noch deutlich mehr Sonderangebote (zuviele
Güter, falsch geplant!) hat, als daß Dein Lieblingsyoghurt wirklich
mal nicht mehr im Regal steht (zuwenige Güter, falsch geplant!).

> Mittlerweile geht man ja mit on demand-Produktion in diese Richtung

Einzel-Auftragsfertigung kann unter ansonsten gleichen Bedingungen
NIEMALS billiger als Massenproduktion sein, sondern nur DEUTLICH
teurer.

Der Einzel-Auftragsfertiger hat i.d.T. das Risiko nicht, zuviel oder
zuwenig zu produzieren, er produziert erst nach Auftragseingang oder
sogar Zahlungseingang. Dafür verliert er sämtliche Profite aus den
Skaleneffekten der Massenproduktion.

Einzel-Auftragsfertigung kann sich nur dann lohnen, wenn:

a) Es nur sehr wenige Nachfrager gibt, häufig sogar nur einen
einzigen
b) Der Nachfrager überproportional solvent ist.

Deutlich wird es am Beispiel der Marienstatue für eine Kirche:

Die Kirche wünscht eine individuelle Marienstatue für den
Eingangsbereich. Das Produkt ist ein weltweites Unikat, es sollen
Edelhölzer, Edelsteine und Edelmetalle verwendet werden, zudem der
gestaltende Kunsthandwerker auch noch seine persönliche Form der
Maria einbringt. Wird alles sehr teuer, ist die Frage ob die Kirche
das Geld dafür hat.

Würde man die Marienstatue aus Plastik im Spritzgußverfahren in China
herstellen lassen und zwar in einer Millionen-Auflage: Deutlich
billiger. Muß man aber auch 1 Mio. Plastik-Mariannen verticken. Gibts
genug Käufer dafür? Man weiß es nicht so genau.

> bzw. grosse Sachen baut man ja auch nach Plan, oder glaubst Du, dass
> die beim A380 die Nieten tagweise zusammenkaufen?

Auch Airbus Industries (AI) steht vor der Problematik, zuviel oder
zuwenig Nieten einzukaufen. Wird der künftige Markt für Flugzeuge zu
hoch eingeschätzt, dann kauft man zuviele Nieten,  wird er zu niedrig
eingeschätzt, dann kauft man zuwenig Nieten. In jedem Fall hat man
die Niete gezogen.

Auch AI würde gerne die ideale Menge Nieten einkaufen. Aber auch AI
weiß nicht, was die ideale Menge Nieten ist. Again: Niemand kann in
die Zukunft schauen.

so far, denkbar

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