Erst einmal vielen Dank für diesen wohltuenden Artikel.
Der aufgrund seiner Größe leicht zu übersehende Elefant im Raum ist die Frage der völkerrechtlichen Legitimation.
Das 1618 begonnene 30-jährige Gemetzel in Europa endete mit dem Westfälischen Friedensvertrag von 1648. Seither galt als völkerrechtliche Legitimation der Leitsatz: "Wessen das Land, dessen Religion" ist sozusagen dominierende Religion. Ähnliches gilt auch für die Staatsform selbst. Inwieweit der Regent Toleranz übt, liegt in seinem Ermessen.
Das war international mehr oder weniger Konsens - über 300 Jahre hinweg.
Das Selbstbestimmungsrecht der Völker unabhägig von einer Herrscherkaste ist dagegen eine eher moderne Errungenschaft - die bis zum Jahre 2010 im Widerspruch zum Recht der Unversehrtheit der Staatsgrenzen stand. Dieses Recht der Unversehrtheit der Staatsgrenzen leitete man aus dem Westfälischen Friedensvertrag von 1648 ab.
In Folge der Hufeisenlüge kam es zur Abspaltung des Kosovo von Serbien.
Eine lesenswerte Erläuterung findet man unter https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2000/Enthuellungen-eines-Insiders-Scharpings-Propaganda-im-Kosovo-Krieg,erste7422.html
Mit der Kosovo-Abspaltung entstand die Frage nach dem völkerrechtlichen Vorrang zwischen dem Recht der Unversehrtheit der Staatsgrenzen und andererseits dem Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Im Jahre 2010 wurde entschieden, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker Vorrang besitzt.
Erst damit war die Abspaltung des Kosovo legitimiert. Die Folgen waren weitreichend.
Mit der UN-Resolution 1684 von 2005 wurde das Völkerrecht um einen wesentlichen Baustein erweitert.
Von Lybien aus sollte über das muslimische Afrika hinausgehend eine goldgedeckte Einheitswährung eingeführt werden.
Damit einher gegangen wäre eine erweiterte Souveränität der diese Währung einführenden Staaten.
Daher erwogen Militärplaner der NATO (Daniel 7:7), die Regierung Lybiens zu stürzen.
Da die Invasion der NATO-Staaten im Irak nicht durch den UN-Sicherheitsrat völkerrechtlich legitimiert war, strebte die NATO 2011 eine Legitimation an. Nach dem Völkermord in Ruanda erfand man das juristische Konstrukt "Schutzverantwortung" oder "response to protect" - https://de.wikipedia.org/wiki/Schutzverantwortung
Im Kreis der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates gab es keine Ablehnung dagegen.
Die Entscheidungen der Jahre 2005 bis 2011 wendet Russlands Regierung nun in der Ukraine an. Wenn man im NATO-Bereich von "Scheinreferenten" spricht, ist das "scheinheilig" und juristisch nahezu belanglos. Russland vollzieht die Übernahme juristisch durchdacht.
Dem Referentum folgt der Ruf nach Schutzverantwortung.
(Der deutsche Außenminister Westerwelle lehnte eine Teilhabe deutscher Soldaten an dem Gemetzel in Lybien 2011 ab.
2014 wurde bei ihm eine akute Leukämie (AML) diagnostiziert - woran er 2016 verstarb.)
Dass Vertreter Chinas dieses juristisches Konstrukt der "Schutzverantwortung" nicht heftiger ablehnten, ist rätselhaft.
Seither könnten Muslime in Nordchina, Tibeter wie auch Taiwaner theoretisch irgendeine Militärmacht anrufen und sich auf die Schutzverantwortung berufen. Inzwischen hat man in Peking begriffen, was man sich einbrockte.
An diesem Punkt befindet sich die wesentliche Konfliktlinie zwischen der Außenpolitik Russlands und Chinas - neben dem Problem der gekappten Handelswege nach Europa.
Jede vernunftbegabte Lebensform kann sich angesichts dieser Konstellationen nur eine Deeskalation wünschen.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (30.09.2022 08:53).