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  • Pnyx (1)

mehr als 1000 Beiträge seit 01.07.2017

Erörterung

Vorsichtigerweise spricht Konicz stets von der 'Bühnenfigur' Eckharts, damit eine Differenz zwischen jener und dieser statuierend, ohne allerdings je einen Versuch zu machen sie genauer auszuloten oder auch nur explizit anzusprechen. Dadurch wird der Ausdruck zur blossen Kulisse, sein einziger praktischer Einfluss, die Vortäuschung kritischer Redlichkeit.

Eckart ist eine Intellektuelle und unterscheidet sich insofern von den meisten anderen Kabarettistinnen. Ein beträchtlicher Teil des üblichen Publikums ist mit ihr heillos überfordert. Die Zitate aus ihrem Programm legen nahe, dass sie sich zuweilen selbst überfordert, Konicz mehr oder minder implizite Hypothese, es handle sich um eine kalkulierte Grenzüberschreitung zwecks Beförderung der Karriere ist ein wenig überplausibel, insofern der Intellektuellen Berechnungsfähigkeiten unterstellt werden, die sie zwar haben mag, gleichzeitig aber den Realitätstest nicht zwangsläufig bestehen müssen.

Von 'den Juden' zu sprechen ist in den meisten Zusammenhängen prekär. Im vorliegenden Fall ist konkret angesprochen ein Fehlverhalten einzelner Menschen, das in einem akzidentellen Verhältnis zu ihrer Religionszugehörigkeit steht. Eckhart, oder eben ihre 'Bühnenfigur' schliesst nun zwei kritische Punkte kurz, einerseits den MeToo-Dogmatismus, wonach man stets den beschuldigenden Frauen glauben müsse, andererseits das in gewissen Kreisen geltende absolute Verbot, Menschen jüdischen Glaubens zu kritisieren, dessen Missachtung gewohnheitsmässig mit einem Antisemitismusvorwurf quittiert wird. Diese beiden Gebote führen im Fall Weinstein und in einigen weiteren, wesentlich uneindeutigeren, wie dem von Woody Allen zu einer Aporie, die von Eckhart auf ihre notorisch gnadenlose Weise aufgespiesst wird.

Konicz weist überzeugend auf, in was für ein unerträglich trübes Fahrwasser sie damit geraten ist. Die Frage ist nun - wollte sie, wie Konicz unterstellt, auch wirklich selbst da hin, oder hat sie, wie meine Formulierung andeutet, die Reichweite ihrer Aussagen nicht im Blick gehabt? Und ist sie mithin Eckhart selbst weit weniger souverän, als ihre Bühnenfigur?

Aufgrund dieses einen Beispiels ist das nicht zu entscheiden. Es bräuchte schon die Analyse mindestens eines kompletten Programmes, um eine allfällig rechte politische Gesinnung dingfest zu machen. Der Umstand allein, dass Rechte ihr nun applaudieren, ist noch kein Beweis dafür, alles andere wäre in Deutschland eine Überraschung.

Daher plädiere ich gegen den forschen Staatsanwalt Konicz in diesem Fall und vorerst für die Beherzigung des Grundsatzes im Zweifel für die Angeklagte. Ohne jedoch die Anklage vom Tisch zu nehmen.

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