Ich habe die Diskussion über diese Kabarettistin bisher höchstens am Rande wahrgenommen, stand mir doch der Sinn im letzten Jahr nicht nach politischem Kabarett - dafür war die Realität schon surreal und selbstparodistisch genug.
Nun bin ich erst vor kurzem - dem Zufall oder facebook-Algorhithmus sei Dank - auf einige Auftritte von ihr gestoßen und war über ihren Stil erstmal erstaunt.
Derartig trocken und mit unterschwelligen Spitzen versehen, das Publikum sich selbst vorführend, den Spiegel immer im richtigen Moment hochreißend, kannte ich bis dato nur von hierzulande eher unbekanntem britischem Kabarett.
Es gefiel mir quasi instantan.
Nun ist diese Art der Satire und des schwarzhumorigen politischen Kabaretts nicht gerade leichte Kost und mir war sehr schnell klar, dass ein Publikum auf heute-show-Niveau und mit dem doch recht direkt ansprechenden Humor und nur geringem Subtext deutscher Kabarettkultur, sei es Hildebrandt oder Anstalt, Wühlmäuse oder Richling, wo dann doch eher Unterhaltung vor Reflexion, Lachen vor Denken, kommt, mit einem trockenen Witz, der am ehesten noch bei Georg Schramm zu finden war, kaum klarkommen wird.
Bei Eckhart muss man oft um mehrere Ecken denken, um zu erkennen, dass das, was da auf ersten Blick so offenkundig gemeint war oder gar bei der ersten Durchdenkung eindeutig wirkt, oftmals noch einen doppelten Boden hat und sehr viel tiefer geht, als die Aussage oder erste Metaebene es scheinen lässt.
Sie schafft es auf eine völlig eigene Art, den Nazi in jedem Zuschauer zum Vorschein zu bringen - freilich etwas, das den Linksintellektuellen, der sich bar und frei jeglichen derartigen Verdachts wähnt, zur Weißglut treiben muss, sodass er den Vorwurf auf die Vortragende rückprojeziert und diese der Schandtaten bezichtigen muss, derer er sich selbst plötzlich als fähig erkennt.
Lisa Eckharts Humor ist böse, er ist auf den ersten Blick fast schon ein Sakrileg am "guten Geschmack" - und dadurch ist er auf höchst eigene Weise genial und auch verletzend, aber eben eher als Selbstverletzung des Publikums, dass evtl. erst lernen muss, mit den eigenen Abgründen, den eigenen, verdrängten und abgegrenzten Dämonen seines Ichs, konfrontiert zu werden. Dieser Humor nimmt einen eben nicht hinterher doch noch an die Hand, um einen in ein wohlig-warmes Gefühl unterhaltender Geborgenheit zurückzuführen, sondern lässt einen mit offenem Mund zurück, mit Fragen an sich selbst und der Andeutung einer Antwort, wozu man selbst fähig sein könnte, und mit der Angst vor der eigenen Bestie tief in sich selbst.
Es ist kein seichtes Programm, das einem die Pointe mit aller Macht in das Denken hämmert, es ist keine dahinplätschernd-informative Nummernshow. Sowas kennen wir nicht (mehr) und dementsprechend haben wir es, nicht zuletzt, weil es die politisch mißbrauchte Form der Narrativbildung, des framings und der Massenmanipulation so eindrucksvoll präsentiert, aus politischen Gründen auch nicht zu mögen.
Die bürgerliche Fassade darf nicht wanken und es darf nicht zu Tage treten, was dahinter liegt, denn dies könnte die Macht gefährden, die uns zu willigen Befehlsempfängern und Gläubigen macht. Doch Eckhart setzt hier geschickt den Meißel an und holt um mehrere Ecken aus uns hervor, was wir nicht sehen sollen. Dafür wird sie gehasst und verdammt... oder eben, wie inzwischen von mir, auch bewundert.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (06.03.2021 13:53).