Wer hat sich denn den Beitrag der Künstlerin mal angesehen, komplett natürlich? Ist schon eine Weile her, richtig, jetzt sicher nicht so leicht zu finden.
Und da schreibt dan jemand Worte ab, die zwar so gefallen sind, aber in völlig anderem Kontext stehen. Natürlich ist es nicht jedermanns Sache, beißende Satire zu verstehen, die außerdem noch ein hohes Maß an Intellekt und (sogar) Hintergrundwissen erfordert.
Mal ganz ehrlich: als sich damals jemand aufregte, habe ich mir den Beitrag angesehen, fand ihn akzeptabel. Nichts von Antisemitismus, wohl aber Kritik an der Glorifizierung des krassen Gegenteils (man erinnere sich: Das Gegenteil eines Fehlers ist wieder ein Fehler - zumindest nach dieser Spruchweisheit). Mehrere DInge parallel mit einem Satz kritisiert - da hat die Frau hart dran gearbeitet oder ist ein Genie in der Formulierung (klar, schnell Denken kann nicht jeder, man hat es bei den Publikumsreaktionen gemerkt, die schon spürbare "Pausen" zwischen Vortrag und Reaktion erkennen ließen. Intellektuell eben.
Ein Tabubruch, wenn man das so will. Obwohl sicher auch andere über Tabus reden, nur eben anders. So, wie das hier der Künstlerin auch unterstellt wird.
Ich sollte mich wirklich in der Person täuschen, mit meiner Menschenkenntnis? Möglich, wenn diese Täuschung bewußt so inszeniert würde. Sprachlich bieten sich da aber nur solche sophistischen Anhaltspunkte - solch eine Vorgehensweise (anderen das Wort im Mund umdrehen) mag gnoseologisch manchmal einen Gewinn bringen, ich halte si trotzdem für überwiegend verwerflich (das machen Populisten, wenn ihnen die Argumente ausgehe).
Wenn ich mir so den Artikel durchlese, kommt mir ein abgewandeltes Zitat in den Sinn: "Wer Antisemitisch ist, bestimme ich!". Warum nur verdamme ich dieses ungute Gefühl? Von wem stammt der "richtige" Satz (nicht, daß er als sachlich richtig angesehen wird, er wurde nur "richtig"=wahrhaftig so geäußert)?
Nein, auf solch eine Polemik lasse ich mich nicht ein.
Künstler sagen durchaus mal Dinge, die zum Nachdenken anregen sollen, und in diesem Rahmen ist der Beitrag wertvoll. Nicht antisemitisch. Erinnern sie sich, daß es hier bei TP eine Diskussion gab, wie man Antisemitismus zu definieren hat, und die gut begründeten Gegenmeinungen dazu niederzumachen versuchte, gegen den Widerstand von Menschen, die nie in Verdacht standen, antisemitisch zu sein, lebende Humanisten sind?
Ganz klar: ich bin der Wahrheit verpflichtet, diesen Beitrag als das zu verteidigen, was er war: anspruchsvolle Satire. Antisemitisch: Nein!
Kommt mir doch der Gedanke in Erinnerung: "Was ich selber denk' und tu', trau' ich auch den Anderen zu." Warum wohl?
Man lese dazu mal Stanislaw Lems "Die Sterntagebücher des Ijon Tichy, 11.Reise", um das menschliche Verhalten hier zu vergleichen. Ein Denkspaß.