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  • Leser2015

487 Beiträge seit 19.11.2015

Re: "In einer solchen Welt haben Antisemitismus, Islamismus keinen Platz."

Dr. Phibes schrieb am 30.10.2023 10:53:

Islamismus:
"das Streben, im Namen des Islam eine allein religiös legitimierte Gesellschafts- und Staatsordnung zu errichten."
Das ist auch ungefähr die Vorstellung von Zionismus.

Ist man, wenn man gegen christlichen Zionismus ist, Antisemit?
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Zionismus

Solange der jüdische Glaube, Zionismus und der aktuelle Staat Israel je nach Gusto zusammengerührt werden kann man die Diskussion endlos weiter führen.

Zustimmung, als Nichtexperte vergleiche auch ich den Zionismus als so religiöse wie nationalistische Ideologie (https://de.wikipedia.org/wiki/Zionismus) gerne mit dem politischen Islam (https://de.wikipedia.org/wiki/Politischer_Islam) bzw. Islamismus (https://www.duden.de/rechtschreibung/Islamismus), denn in beiden Fällen handelt es sich um religiös-fundamentalistische politische Ideologien des 19. Jahrhunderts, aus denen sich vor dem Hintergrund der jeweiligen Überzeugung territoriale Ansprüche ableiten lassen.

Beide Ideologien entsprechen eigentlich nicht dem im deutschen Grundgesetz verankerten Neutralitätsgebot des Staates, und doch existieren heute weltweit sogar zwei Nationen, die den Zionismus aus historischen Gründen mit dem eigenen Staatswohl verknüpfen: Israel (https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalstaatsgesetz_(Israel)#Inhalt_des_Gesetzes) sowie Deutschland (https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-von-bundeskanzlerin-dr-angela-merkel-796170).

Die damalige Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hatte sich zwar am 18.03.2008 vor der Knesset unmissverständlich für eine Zwei-Staaten-Lösung ausgesprochen, doch zugleich besonders betont: »Jede Bundesregierung und jeder Bundeskanzler vor mir waren der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels verpflichtet. Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.«

Leider erscheint, nach all den Toten in den letzten Jahrzehnten, nichts die Sicherheit Israels so sehr zu gefährden wie eben diese Zwei-Staaten-Lösungsidee, und das gesellschaftliche Klima in Israel illustriert eher ein Blick nach rechts (https://www.newyorker.com/magazine/2023/02/27/itamar-ben-gvir-israels-minister-of-chaos) denn nach links.

Mit dem Antisemitismus ist es begrifflich auch so eine Sache, denn ursprünglich war damit wohl nur ganz allgemein die rassenideologisch motivierte Ablehnung aller orientalischen Kulturen gemeint (https://de.wikipedia.org/wiki/Semitismus), also auch der arabischen, was erst später allein auf die jüdische verengt wurde.

Was heute oft als neuer oder muslimisch motivierter Antisemitismus bezeichnet wird, ist eigentlich genau das, was man jahrhundertelang und ziemlich treffend Antijudaismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Antijudaismus) nannte und womit lediglich die religiös motivierte Ablehnung des Judentums gemeint war. Das Judentum bietet als ethno-religiöse Gemeinschaft (https://de.wikipedia.org/wiki/Ethnisch-religi%C3%B6se_Gruppe) für Kritik eine große Angriffsfläche, weil es ideologisch von einer Ungleichwertigkeit der menschlichen Völker vor einer einzigen Gottheit ausgeht, denn einzig das jüdische wurde für alle Zeiten erwählt.

Gut auf den Punkt gebracht hat dies in einem Interview im Jahre 2008, anlässlich einer antijudaistischen Kleinigkeit, der Rabbiner Walter Homolka: »Nein, denn die umstrittene Karfreitagsfürbitte lässt die besondere Stellung des Judentums als Gottes Volk völlig außer Acht. Gott hat uns Juden zum "Licht unter den Völkern" berufen, wir haben also sicher nicht die Erleuchtung durch die katholische Kirche nötig. Da vergreift sich die jüngere Schwester schwer im Ton.« (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/protest-von-rabbinern-die-katholische-kirche-hat-ihre-antisemitischen-tendenzen-nicht-im-griff-a-542556.html)

Im Unterschied zu den meisten anderen religiösen Ideologien ist gerade das Judentum antiuniversalistisch konzipiert, proklamiert es doch eine Art elitäres Herrschaftsvolk von Gottes Gnaden gegenüber allen anderen Völkern auf Erden, was historisch dann wieder antijudaistische Verschwörungserzählungen provozieren musste.

Die politische Linke hat zu solchen Fragen heute keine theoretisch begründete Meinung mehr und verzichtet wie im vorliegenden Artikel leider völlig auf klare Definitionen!

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