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  • deFunes

210 Beiträge seit 04.05.2023

Publikumspreis geht an die Palästinenser

während sich unsere Regierenden pflichtschuldig und mechanistisch an die Seite Israels stellen müssen. Etwas anderes ist in Deutschland nicht denkbar. Es wird Staatsräson genannt und hat einen guten Grund.
Nur taugt der Holocaust m. E. nicht als ausreichender Grund, alle Kritik am Handeln des israelischen Staates auszublenden und letztlich durch das Framing als antisemitisch zu verhindern zu suchen.
Weil aber das Thema nur dann in Medien und Politik hochkocht, wenn wieder mal etwas schlimmes in Israel passiert ist, wird die ganze Diskussion genau dann immer etwas zwanghaft und schnell repressiv.
Zu anderen Zeiten wird sie schlicht nicht geführt, und genau das scheint mir das Problem.

Vielleicht erklärt das auch die im Artikel kritisierten mangelnden Solidaritätsbekundungen mancher Kreise: niemand will sich doch nur in schablonenhaften Phrasen äußern, wenn der Elefant im Raum gar nicht adressiert werden darf.
Politik und israelische Lobby versuchen das Thema jetzt wieder auf die Hamas zu fokussieren (abgehakt, weiter bitte) und jede weitergehende Äußerung wird schnell als anitsemitisch geframt. Das ist das Spiel seit Jahrzehnten und ich glaube, viele wollen da schlicht nicht mehr mitspielen. Das ist schade und gefährlich.

Ich denke, durch die Unterdrückung einer notwendigen Diskussion über die Verfehlungen der israelischen Politik und ganz allgemein über die Zwei-Staaten-Lösung, die immerhin völkerrechtlich vertraglich vereinbart wurde, züchten wir in der Gesellschaft und schon in den Schulen einen latenten Antisemitismus heran, der uns regelmäßig auf die Füße fällt. Denn nur wenn über all das gesprochen werden kann, besteht überhaupt die Chance, das Denken zu beeinflussen und damit Erkenntnisgewinn zu erreichen.

Stattdessen setzen Staat und Eliten auf Repression und Diskursverengung. Ich will nicht vor jeder Meinungsäußerung das Existenzrecht Israels anerkennen (weil das für mich selbstverständlich ist), nicht den Hamas-Terror verurteilen (weil diese Taten eben tatsächlich der Definition von Terror entsprechen) oder das Selbstverteidigungsrecht eines Staates explizit ausprechen müssen (weil das eben das Völkerrecht so sagt).
All das dient dazu, den Diskurs zu verschieben und die Teilnehmer anfreifbar zu machen, wenn sie im ein oder anderen Punkt von der geforderten Vorgabe abweichen - und voila - schon kommt die notwendige Diskussion über Besatzungspolitik, politische Perspektiven der Zwei-Staaten-Lösung oder das eklatante Missverhältnis zwischen toten Israelis und toten Palästinensern eben wieder nicht zur Sprache, sondern man arbeitet sich wieder an Phrasen ab.

Für einen Staat, der sich als Rechtsnachfolger einer 6-Mio-Juden-Tötungsmaschine sehen muss, ist das ein erbärmliches Verhalten, das seiner Verantwortung überhaupt nicht gerecht wird.
Der Staat mag es ja gut meinen, aber es funktioniert halt nicht. Eher hilflos werden jetzt wieder Demonstrationen und spezielle Äußerungen verboten und in Berlin sollen Schülern Kleidungsstücke verboten und sie ggfs. angezeigt werden. Das ist doch absurd.

In diesem Zusammenhang sei nochmal der lesenswerte Artikel von Gerhard Hanloser erwähnt:
https://telepolis.de/-9339343

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