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  • Estomil

mehr als 1000 Beiträge seit 13.10.2006

Wir Landwirte werden zerrieben...

zwischen Politik, Medien und Handel.
Ich bin selbst Landwirt und bewirtschafte einen Hof mit ca 400 Sauen, 1200 Mastschweinen und 70 ha Acker.

Damit zähle ich in Deutschland zu den mittelgrossen betrieben und entspreche in etwa dem Durchschnitt was die bewirtschafte Fläche anbelangt als auch den tierzahlen(schweinehaltende Betriebe nicht gesamtbetriebe)

Das was wir in den letzten Jahren aber Erleben hat mit sinnvoller Landwirtschaft nichts mehr zu tun. Von allen Seiten trommeln neue Vorgaben, gesetzte, Verordnungen und auch private Initiativen auf uns ein die uns regelrecht den Atem rauben.
Als kleine Familienbetriebe mit in der Regel 2-4 Leuten sollen wir Dinge in Monaten umsetzten für die man früher ein Jahrzehnt Zeit hatte.

Um mal ein Beispiel zu nennen. Seit letztem Herbst gibt es eine neue Düngerverordnung. Je nach Region kann es sein, dass man nurnoch 20% unter dem Pflanzenbedarf düngen darf. Dazu kommt daß Verbot der Düngung von zwischenfruechten in Sommer. Damit bekommen sehr sehr viele Betriebe plötzlich ein Problem denn obwohl alle Zahlen, die Bodenwerte und alles andere einzelbetrieblich völlig in Ordnung sein können müssen nun sehr schnell neue Lagerbehälter gebaut werden um nicht im nächsten Winter plötzlich ein Platzproblem zu haben.
Abgesehen davon dass dafür oftmals eine sechstellige Summe fällig wird sind die Genehmigungen der Massen langsam dass das kaum zu schaffen ist. Was also tun?

Dazu kommen weitere umfangreiche Umbaumassnahmen wie zb aktuell beim Tierwohl oder der neuen Tierhaltungsverordnung die vor wenigen Wochen beschlossen wurde und ab dem 1.8 gilt.
Damit kommt's jetzt Knüppel dicke denn selbst wenn ich in der Lage wäre das ganze neue Material im Stall zu verbauen so sind die Hersteller nicht in der Lage soviel Stalleinrichtungen überhaupt zu produzieren. Bei gewissen Dingen wie zb raufutterautimaten reden wir aktuell von Lieferzeiten von etwa 9 Monaten.
In der Zwischenzeit stehe ich mit einem Bein im Knast....

Ein erheblicher Anteil der Betriebsleiter hatte bereits einen Burnout oder steht quasi kurz davor. Der Druck der auf uns lastet nimmt Formen an die dafür sorgen, dass die Betriebsleiter ihren Kindern Verbieten auch nur eine landwirtschaftliche Ausbildung zu beginnen weil man dies seinen Kindern nicht mehr antun möchte. Und das obwohl man es gewohnt ist permanent 60-70h die Woche zu arbeiten.

Denn neben dem bürokratischen und dem Veränderungsdruck gibt es einen weiteren uns das Leben sehr sehr schwer macht. Und zwar das finanzielle. Die Preisschwankungen mit denen wir leben müssen Betragen in manchen Bereichen innerhalb von Monaten bis zu 50% während die Kosten im allgemeinen meist Recht konstant weiter laufen.
Es gibt einen enormen Preisdruck der vom Handel erfolgt und an die Bauern weitergereicht wird. Während alle in der Kette an uns verdienen sollen wir mit den Resten auskommen.
Weiter unsere Leistung steigern, Familien ausbeuten einfach billiger werden während die Auflagen uns den Atem rauben und um uns herum Lieferanten mit kaum oder deutlich weniger Auflagen uns Druck machen.

Im letzten halben Jahr sind 15% aller Sauen aus Deutschland unwiderruflich verschwunden und müssen durch ferkel aus Holland und Dänemark ersetzt werden. In Zukunft vermutlich auch aus Osteuropa und irgendwann vermutlich kommt das Schwein aus Brasilien, den USA, Russland oder vieleicht sogar China.

Wenn das gewollt ist, dann soll es so sein. Dann sagt es aber auch bitte denn dann werde ich keine hohen Summen mehr ins Tierwohl investieren und die Schweinehaltung aufgeben....

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