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mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Re: liegt es an der Jugend?

Es liegt an allem ein bisschen.

Machen wir's mal so: wer heute mit Abi in der Tasche in die Lebenswirklichkeit entlassen wird, hat zwei Dinge in Übermaß: Ansprüche und keine Ahnung vom Leben. Das kollidiert dann spätestens dann, wenn der Ausbilder kein Interesse am Schneeflockengehabe des Lehrlings hat, der nur deshalb "nicht studiert, weil sein Studiengang voll war". Schreiner, Bäcker, Metzger, Elektriker usw. können mit solchen jungen Menschen nichts anfangen - und die jungen Menschen auch nichts mit dem Handwerk.
Im Studium das gleiche traurige Bild: erstmal scheitert man an einem vernünftigen Studiengang an der Basis, z.B. Mathematik für jedes technische Studium. Und dann macht man das, was man rein intellektuell verpackt und wird beispielsweise Bachelor Betriebswirtschaft oder landet bei "irgendwas mit Medien" und wird zukünftig professioneller Belästiger in Form eines Werbegestalters.
"Wer nix wird, wird Wirt" heißt es. Aber wer auch nicht Wirt wird, wird Beriebswirt und wer selbst da scheitert, landet am Ende in der Politik. So lesen sich manche Lebensläufe diverser "besonderer Menschen", die von ihren Eltern alles bekommen haben, nur eins nicht: eine realistische Perspektive auf's Leben.

Aber.

Das ist nur ein winziger Bruchteil des Gesamtbilds, was ich hier so blumig ausmale. Die Realität ist etwas komplexer, lässt sich aber zum Glück etwas komprimieren auf ein paar Sätze: es liegt vor allen Dingen an der Perspektive. Es sind nicht die 45 - 50 Arbeitsjahre, die nach der Schule vor einem jungen Menschen liegen. Das hört sich nach verdammt viel an, verläuft aber doch relativ zügig. Man hat ja irgendwann Familie und ist gut eingebunden, da "lappern" die Jahre nur so durch. Ich werd nächste Woche 41, fühl mich aber nicht so alt und wunder mich, wo die Jahre hingegangen sind. Mein Paps geht im Mai in Rente, meine Tante ist zum Jahresanfang mit 67 Jahren gestorben ... und die Große geht nächstes Jahr in die Schule. Wo sind die Jahre hin?

Nein, es liegt vor allen Dingen daran, dass man all die Jahre effektiv nicht wirklich zu was kommt: Wohlstand durch Arbeit ist längst passé, das merken auch die Jugendlichen. Jedenfalls die, die sich mit beschäftigen erkennen schnell, dass man weder mit SPD, Grüne, FDP & co einen Staat machen kann und wählen auch keine CDU oder gar die AfD, weil "zu konservativ" oder "zu rechts" und keineswegs an den Jugendlichen in irgendeiner Form interessiert. Nicht einmal als Jungwähler werden sie wahrgenommen.
Wenn aber niemand da ist, der für die Interessen der Jugend spricht und ihnen eine Perspektive abseits vom Plenarsaal und Beamtenstuben anbieten will, was bleibt dann noch? Entweder man studiert irgendwas um sich die ersten zehn Jahre um die Erwerbsarbeit zu drücken und landet dann in einem der Wertschöpfung möglichst fernen Bullshit-Job, oder man lernt irgendwas, damit die Eltern beruhigt sein können, und geht mit halber Backe an die Sache heran, bis die allgemeine Unlust erst zur Kündigung, dann zur Neuorientierung und am Ende zum "Bürgergeld" (ALG II) führt.

Arbeit lohnt sich einfach nicht bei dem mickrigen Einkommen in vielen Branchen und der exorbitanten Last in Form von Steuern und Fixkosten, die am Ende alles auffressen, was man hätte vielleicht sparen können für die bessere Perspektive. Zum Beispiel ein Eigenheim. Wer kennt die nicht, die jungen Erwachsenen, die eine Hütte kaufen wollen? Ätschibätschi, die halbe Million für die sanierungsbedürftige Eigentumswohnung am Stadtrand von Stuttgart ist nicht finanzierbar und auf'm Land bekommt man zwar was für die Hälfte, dafür braucht man ein Auto (Verbrenner ab '35 faktisch verboten) oder Bus und Bahn, fährt aber nicht auf'm Land.
Am Ende steht mal also vor enormen "Herausforderungen", die allesamt aus der Not heraus erzwungen worden sind, mit dem Geld wird's nie mehr besser, damit fehlt aber die nötige Kraft, um sich aus den Herausforderungen befreien zu können. Man bleibt abhängig auf allen Ebenen und das ist politisch auch genau so gewollt.

Denn hätte unsere Jugend eine vernünftige Perspektive und Zukunft ... dann kämen die noch auf die Idee, eine bessere Welt zu wollen und ihren Anteil am Wohlstand, das geht doch nicht!

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