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  • Lu.topia

225 Beiträge seit 21.04.2024

Wenn Arbeitgeber sich selber schaden

Ich hatte bis Anfang des Jahres einen Arbeitgeber, der sein Leben im Betrieb verbrachte und selbstverständlich auch keuchend und schneuzend zwischen den Angestellten herumsprang. Im Ergebnis war dann bei jedem Schnupfen des Chefs in den folgenden Wochen der ganze Betrieb krank. Da der Chef auch zu denen gehörten, die Leute bei Krankmeldungen gern mal rausschmissen, schleppten sich natürlich die Angestellten ins Büro, teils mit hohem Fieber und halb bewußtlos. Das führte selbstverständlich zu deutlich höheren Fehlerquoten mit deutlich schwereren Fehlern und erheblich geringerer Produktivität.

Was der Mann nie verstanden hat:
1. Keiner hat ihn wirklich gebraucht, um die Arbeit zu machen, eher im Gegenteil, Cheffe hätte also bei Krankheit problemlos zwei, drei Tage mal zu Hause bleiben können, statt den ganzen Betrieb anzustecken.
2. Wenn er nicht regelmäßig die ganze Belegschaft angesteckt hätte, wären seine Angestellten sehr viel weniger krank gewesen.
3. Wenn kranke Angestellte sofort zu Hause bleiben, ist die Erkrankung üblicherweise deutlich schneller überstanden, als wenn sie sich noch mit Fieber tagelang zur Arbeit schleppen und dadurch erst so richtig krank werden. Dann fällt der Angestellte mit dem Schnupfen halt nicht drei Tage aus, sondern ein bis zwei Wochen, nachdem er eine Woche kaum halbe Leistung, dafür dreifache Fehlerquote produziert hat.
4. Eine Athmosphäre der Angst im Betrieb erzeugt Dauerstress bei den Angestellten und dieser schwächt bekanntlich das Immunsystem erheblich, was zu häufigeren und längeren Erkrankungen führt.

Wenn Arbeitgeber nun also rumheulen, die telefonische Krankschreibung begünstige Mißbrauch durch ihre angeblich faulen Arbeitnehmer, offenbaren sie nur ihre eigene Dämlichkeit und ihre Unfähigkeit, die Mitarbeiter erfolgreich und produktiv zu führen. Sie verdrehen schlicht Ursache und Wirkung. Tatsächlich ist die Blaumachquote in einem Betrieb mit schlechter Führung deutlich höher, als in einem Betrieb mit guter Führung, dazu kommt, das gut geführte Betriebe ihre Mitarbeiter weniger anfällig für Krankheiten machen, da diese nicht unter Dauerstress leiden.

Menschen sind zwar keine Maschinen, aber sie brauchen auch mal eine Wartungspause (Urlaub) und ab und zu eine Reparatur (Krankschreibung) und stehen in dieser Zeit halt nicht zur Verfügung. Wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter allerdings eher wie Verbrauchsmaterial behandeln, müssen sie sich nicht wundern, wenn dann irgendwann keiner mehr da ist, der die Arbeit erledigt, weil alle verbraucht sind. Nech.

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