Ansicht umschalten
Avatar von Ignatius
  • Ignatius

mehr als 1000 Beiträge seit 25.06.2001

Re: "Wer etwas erschafft, darf es behalten."

Isidorus schrieb am 02.04.2017 21:29:

Und auch der Börsenmakler erschafft offensichtlich etwas, sonst würden ihm die Menschen nicht so viel dafür bieten.

Das Argument "sonst würde es ja keiner zahlen" ist als Legitimation allein nicht ausreichend. Auch Erpresser werden gut bezahlt, dennoch würde ich z.B. Kindesentführung nicht als Dienstleistung betrachten. Und für Korruption gibts auch noch keinen Gewerbeschein.

Wenn's um der Wert von "Finanzdienstleistungen" geht, dann fällt das für mich unter dieselbe Kategorie wie Notare , Anwälte, Lobbyisten und Makler. Es ist das Ausnutzen (andere sagen "Bewirtschaftung" dazu) von (natürlichen oder politisch erzeugten) Monopolen und/oder Informationsdisparitäten. Unter solchen Umständen kommt es zu Marktversagen. Es ist kein Zufall, dass es ausgerechnet die kapitalistischen USA waren, die als erste eine wirksame anti-trust Gesetzgebung eingeführt haben. Bei politisch gewollten Monopolen nützt das natürlich auch nichts. Beispiele hierfür sind IP (exzessive Copyright Fristen, Trivialpatente) oder der Zugriff aufs billige ZB-Geld (Bankenmonopol).

Der zweite Aspekt ist, dass Finanztransaktionen an sich schon keine Produkte (also weder Güter noch Dienstleitungen) sind. Hier wird nicht der Wert einer Arbeit verkauft, sondern mit Kreditverträgen auf der einen und Eigentumstiteln auf schon existierende Werte auf der anderen gehandelt. Es wird dabei kein Wert geschaffen, ja noch nichteinmal, wie beim "normalen" Handel mit Gütern, für Endkonsumenten physisch zugänglich gemacht.

Der dritte Aspekt ist, dass die ganze Sphäre, in der operiert wird, eine durch und durch künstliche, durch rechlichen fiat geschaffene und d.h. politisch gestaltete ist (legal tender laws, juristische Personen, etc. sind keine natürlichen Entitäten).

Deswegen denke ich, dass man sich nur im Fall von Gütern und echten (d.h. "personennahen") Dienstleitungen auf den naturrechtlichen Gerechtigkeitsbegriff berufen kann. Das Finanzwesen dagegen unterliegt, wie die z.B. Staatswesen, die Verwaltung oder die Politik selbst, einem Legitimationsdruck, der sich nicht nur durch die Nützlichkeit der unmittelbar an der Transsaktion beteiligten erfüllt (das wäre auch bei einer Schmiergeldzahlung gegeben). Vielmehr sind, wenn auch nicht die Einzeltransaktion, so doch die zugrundeliegenden Prinzipien und Spielregeln laufend auf ihren allgemeingesellschaftlichen Nutzen hin zu überprüfen und ggf. anzupassen.

ignatius

Bewerten
- +
Ansicht umschalten