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  • Isidorus

mehr als 1000 Beiträge seit 20.06.2016

Re: "Wer etwas erschafft, darf es behalten."

Aus naturrechtlicher Sicht ist das erstmal kein Problem. Es ist nicht ungerecht dass jemand "schlechte Tauschwerte" hat - das ist hart, aber gerecht.

So ist es.

um den Sozialstaat zu legitimieren braucht es etwas anderes:
- Überschüsse über das Subsistenzniveau
- Legale Konstrukte

Schon die Jäger und Sammler konnten über dem Subsistenzniveau wirtschaften, das ist gar nicht so schwierig (außer im Fall von Überpopulation). Auch auf dem Niveau gesammelter Beeren kann man dem anderen etwas wegnehmen.

Interessanter sind die legalen Konstrukte.

Das naturrechtliche Gerechtigkeitsprinzip korrespondiert eng mit dem ebenfalls naturrechtlichen Faustrecht, also der Idee, dass jeder alle verfügbaren Mittel einsetzen darf (auch auf Kosten anderer), seinen Vorteil im gnadenlosen Überlebenskampf zu sichern.

Verträge sind übereinstimmende Willenserklärungen, aus denen Rechte und Pflichten entstehen. Und das Gesamtwerk aller Willenserklärungen, Verträge, Rechten und Pflichten ist das Rechtssystem, der Rechtsstaat (vom Kaufvertrag bis zum Gesellschaftsvertrag). Das ist das legale Konstrukt.

Das Eigentumsrecht ist die freiwillige Selbstverpflichtung im Konsens, das Verfügungsrecht anderer über selbst erschaffene und eingetauschte Dinge zu respektieren. Das kann auch Produktionsfaktoren umfassen wie Land das nutzbar gemacht werden musste (Urbarmachung, Verteidigung).
Der Verzicht, die naturrechtliche Möglichkeit auszuschöpfen, fremdes Eigentum mit Gewalt zu rauben korrespondiert mit dem Verzicht die ebenfalls naturrechtliche Möglichkeit, die Verteidigung des Eigentums mit (tödlicher) Gewalt sicherzustellen. Es hat sich fast einhellig die Einsicht im Konsens herausgebildet, dass diese Reduktion der Gewalt zum Vorteil aller ist.

So leitet sich selbst ein so abstraktes recht wie das Eigentumsrecht direkt aus dem Naturrecht ab und zwar durch einvernehmlichen Verzicht auf Optionen aus dem Naturrecht.

Dabei sind die Interessen aber nicht gleichverteilt. Menschen mit mehr Eigentum haben mehr Interesse daran, so einen Gesellschaftsvertrag einzugehen als Habenichtse. Um sie dennoch zum für alle fruchtbaren Gewaltverzicht zu motivieren, bietet man ihnen Schutzgeld an, das ist die Sozialhilfe. Die Gegenleistung für die Sozialhilfe ist der Verzicht, sein Überleben mit Gewalt sicherzustellen. So lässt sich auch die Sozialhilfe aus dem Naturrecht sauber ableiten, wiederum durch wechselseitigen Optionsverzicht.

In diese Systematik passt auch der Lösegelderpresser aus dem Nachbarthread: Auch das ist letztlich eine Schutzgeldzahlung, weil man selbst nicht über ausreichend gewaltsame Mittel verfügt, sich gegen den Gegner durchzusetzen.

Das ist viel weniger komplex als von dir dargestellt und man kommt ganz ohne synthetische Konstrukte wie Menschenrechte oder Menschenwürde aus, es ist ganz einfach (aus dem Naturrecht abgeleitet) vernünftig, es so zu handhaben.

Wenn's um der Wert von "Finanzdienstleistungen" geht, dann fällt das für mich unter dieselbe Kategorie wie Notare , Anwälte, Lobbyisten und Makler. Es ist das Ausnutzen (andere sagen "Bewirtschaftung" dazu) von (natürlichen oder politisch erzeugten) Monopolen und/oder Informationsdisparitäten. Unter solchen Umständen kommt es zu Marktversagen.

Aus naturrechtlicher Sicht ist das kein Problem. Der (freie) Markt sorgt nur für eine optimale Allokation aller Ressourcen. Aber eine nichtoptimale Ressourcenallokation ist kein Problem für das Naturrecht.
Auch Informationsungleichgewichte (auch Monopole) sind ein erschafftes Gut, das wie alles andere auch bewirtschaftet werden kann und das einen sehr hohen Tauschwert hat.

Auch Finanztransaktionen sind solche erschafften Güter. Sie sind nur weit entwickelt und teilweise extrem komplex strukturiert, sie lassen sich aber dennoch alle systematisch auf einfache Grundfunktionen zurückverfolgen und reduzieren.
Insbesondere ist der Transport von Wert durch die Zeit eine durchaus nachgefragte Dienstleistung von erheblichem Tauschwert.

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