Bei all dem fehlt mir ein Bisschen das Gesamtbild. Dass die Geier unsympathisch sind, leuchtet sein. Dass dabei der Regierung von Milei Stuemperhaftigkeit vorgeworfen wird, uebersieht aber die Lage Argentiniens weitgehend.
Erstens sollte man beachten, dass diese Goldvorraete gegenueber den fuer die Zentralbank (BCRA) angemessenen Reserven recht klein sind. So waren die Nettoreserven Ende 2019 bei etwa 13 Mrd. USD [1], also mehr als dem Fuenffachen der bisherigen Goldexporte (2.3 Mrd. USD). Und das war nach einer Wirtschaftsschwaeche, die Praesident Macri die Wiederwahl kostete, und nach einem monatelangen Wahlprozess, in dem alle Wirtschaftsindikatoren in Erwartung der Politik der folgen Regierung steil bergab gingen.
Diese folgende Regierung, deren Politik nahtlos an das anknuepfte, was bis 2015 zu der Situation fuehrte, die Macri veranlasste, massiv Kredite aufzunehmen (ein grosser Teil davon diente allerdings auch schlicht zur Umschuldung besonders unguenstiger uralter Kredite. Auch die Geier hatten ihren Spass mit einem dieser, als sie einfach mal das Flaggschiff der argentinischen Marine in Ghana konfiszieren lassen wollten. [2])
Diese Regierung, Alberto Fernandez / Cristina Fernandez de Kirchner, die Ende 2023 von Milei abgeloest wurde, setzte nicht nur den verheerenden Kurs von Cristina 2007-2015 fort (u.a. hatte sie als Wirtschaftsminister einen Trotzkisten [3], dem Argentinien auch die Expropriation des Oelkonzerns YPF zu verdanken hat, die Argentinien ueber 18 Mrd. USD an Strafzahlungen kosten wird [4]), sondern schaffte es auch mit bemerkenswerter Kreativitaet, die Reserven der Zentralbank (BCRA) tief ins Negative zu senken: ihr gelang es, Importeure, also private Firmen, mit fast 60 Mrd. USD [5] zu verschulden. (Das ging so: wegen der Waehrungsrestriktionen, konnten Firmen Devisen nicht direkt kaufen, sondern mussten das ueber die BCRA abwickeln. Dafuer holten sie sich vom auslaendischen Lieferanten einen Kostenvoranschlag, liessen sich den von der BCRA bewilligen, erteilten den Auftrag, erhielten Waren und Rechnung, und informierten dann die BCRA, die anschliessend die Pesos der argentinischen Firma in Dollars umwandelte, und damit die Rechnung der Firma im Ausland bezahlte. Zumindest sollte es so laufen. Die Zentralbank hoerte aber ploetzlich auf, diese Zahlungen zu leisten, trotz vorheriger Bewilligung, und die Firmen blieben somit auf den offenen Rechnungen sitzen.) Ende 2023, vor dem Regierungswechsel, war das Land auf dem besten Weg in eine Hyperinflation, mit hoher und immer schneller wachsender Inflation, und ausserdem einem stark ueberbewerteten Peso (der Marktwert, zu dem er ohne Restriktionen, wenn auch nicht ganz legal, gehandelt wurde, entsprach weniger als der Haelfte des offiziellen Wechselkurses.)
Milei und sein Wirtschaftminister Luis Caputo hatten nun die Aufgabe, den von ihren Vorgaengern veranstalteten Irrsinn wieder zu korrigieren. Und das gelingt ihnen bislang ueberraschend gut. Dass das dafuer eine Rosskur noetig wuerde, war eigentlich allen klar, und wurde von Milei waehrend des Wahlkampf und auch bei seiner Antrittsrede unmissverstaendlich kommuniziert, und, von denen, die Milei ohnehin kategorisch ablehnen, etwa 1/3 der Bevoelkerung, einmal abgesehen, findet diese Politik weiterhin grosse Zustimmung.
Denen, die ueber Milei laestern wollen, liefert er dazu mehr als genug Gelegenheiten. Aber seine Wirtschaftspolitik ist soweit alles andere als stuemperhaft, und zeichnet sich durch ein hohes Mass an Pragmatismus aus, das man so nach Mileis markigen Aussagen zu Dollarisierung usw. eigentlich nicht erwartet haette. In gewissen liberalen Kreisen wird er uebrigens heftig kritisiert, weil er laengst nicht weit genug geht.
Wer von beiden Seiten des Spektrums gleichermassen attackiert wird, macht meist alles richtig :-)
- Werner
[1] https://chequeado.com/ultimas-noticias/alberto-fernandez%E2%80%8C-%E2%80%8Ccuando-nosotros-llegamos-en-diciembre-nos-encontramos-un-banco-central-languido-sin-reservas-vacio%E2%80%8C-%E2%80%8C/
[2] https://es.wikipedia.org/wiki/Retenci%C3%B3n_de_la_fragata_Libertad_en_Ghana
[3] https://www.perfil.com/noticias/columnistas/cuanto-peor-mejor-20140921-0009.phtml
[4] https://www.infobae.com/economia/2024/03/05/juicio-por-ypf-a-los-usd-16000-millones-de-la-condena-argentina-suma-una-deuda-de-usd-25-millones-por-dia-de-intereses/
[5] bcra.gob.ar/Noticias/Exceso-de-deuda-importadores-es-menor-que-lo-estimado.asp