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mehr als 1000 Beiträge seit 13.01.2000

Das Erbe von 2023

Macri warf man vor, die Probleme des Landes nicht klar genug kommuniziert zu haben. Diesen Fehler sollte Milei nicht begehen - bereits in seiner Antrittsrede praesentierte er schonungslos das Truemmerfeld, das seine Vorgaenger hinterlassen hatten:

youtube.com/watch?v=jySRdtIemLU
https://www3.hcdn.gob.ar/dependencias/prensa/archivos/discursoasuncionmilei.pdf

Dem ist wenig hinzuzufuegen. Ich moechte nur ein paar Punkte mit den vergangenen Hinterlassenschaften vergleichen:

Die Staatskasse war, wie schon 2015, nach dem letzten Kirchner-Regime, mal wieder leer. Nun waren aber nicht nur die Reserven von 2019 verbraten worden, sondern es gab auch eine neue Schuld: die Banken wurden verpflichtet, Devisenguthaben zur Verwahrung an die Zentralbank zu transferieren. Aus diesem Bestand bediente sich dann die Regierung. Allein dort gibt es schon einen Fehlbetrag von etwa 10 Mrd. USD. [1]

Nachdem Massa nicht einmal versucht hatte, auch nur ein einziges der mit dem IWF vereinbarten Ziele fuer 2023 zu erfuellen (wir erinnern uns, er hatte Wichtigeres zu tun, naemlich die Wahl zu gewinnen), war man dort verstaendlicherweise etwas verstimmt. Das war zwar noch nicht so schlimm wie der Default von 2015, war aber der Kreditwuerdigkeit kaum zutraeglich. (Der markige Diskurs von Mileis duerfte nicht zuletzt zum Ziel haben, Zweifel an der Bereitschaft Argentiniens, eine vernuenftige Finanzpolitik zu versuche, zu zerstreuen.)

Doch kommen wir zu den Schulden zurueck. Warum soll man sich mit einer neuen Schuld begnuegen, wenn man davon auch zwei haben kann ? Massa war auch dort kreativ: wenn ein Haendler etwas im Ausland kaufen wollte, musste er erst mal das Bereitstellen der zum Bezahlen noetigen Devisen bewilligen lassen. Dann konnte er die Bestellung abwickeln, und schliesslich gab der Staat die Devisen frei und der Geschaeftspartner im Ausland wurde bezahlt.

Jedem erfahrenen Betrueger sollte hier sofort auffallen, dass der letzte Schritt nicht wirklich notwendig ist. So bestellten argentinische Unternehmen munter im Ausland, erhielten die Waren, und dann rueckte die Regierung die Devisen nicht heraus. Die so Geprellten nahmen natuerlich keiner weiteren Bestellungen mehr an, und allmaehlich begannen Gueter zu fehlen, darunter auch Materialien, die die Industrie benoetigt.

So gibt es nun erst mal einen Mangel an importierten Guetern, was schon zu Betriebspausen in der Industrie fuehrt, durch die Decke gehenden Preisen fuer importierte Alltagsprodukte, wie z.B. Haushaltsgeraete, und ausstehende Zahlungen, die auf bis zu etwa 30 Mrd. USD geschaetzt werden. [2] An der Normalisierung des Aussenhandels wird derzeit noch gearbeitet.

Auf Spaesschen wie die Dollar-Futures von 2015 wurde diesmal verzichtet, und auch die unter Macri wieder instandgesetzte Infrastruktur haelt noch. Die Zahl der Armen war schon nach Cristina gross, wurde unter Macri schlimmer, und erklomm unter Alberto/Massa neue Hoehen. [3]

(Schulbildung ueberspringe ich mal. Auch dort gibt es schlimme Zahlen. Allerdings steckt in den letzten Daten auch Covid mit drin. Dass es unter dem Kirchnerismus weder das Wiederholen von Klassen noch Abschlusspruefungen gab, half natuerlich nicht unbedingt. Dass oeffentliche Schulen unter Macri bevorzugt und ausgiebig bestreikt wurden, auch nicht. Und die Kinder von den oeffentlichen Schulen zu nehmen und an weitgehend streikfreie private Schulen zu schicken, konnten sich auch nicht alle leisten. Freunde, die an Universitaeten unterrichten, verzweifeln schon seit einer Weile an dem, was dort so alles ankommt.)

Ein kleines Geschenk beibt aber trotzdem: der einst privatisierte Energiekonzern YPF (Oel, Gas, usw.), wurde 2012 auf Betreiben des damaligen Wirtschaftsministers Alex Kicillof, bekennender Trotzkist, "renationalisiert", vulgo enteignet. Damals verkuendete Kicillof, dass dieses Husarenstueck Argentinien keinen Peso, Verzeihung, nicht mal einen Centavo kosten wuerde. Inzwischen kam ein Gericht in den USA zu einer anderen Einschaetzung, und verurteilte Argentinien zur Zahlung von 16 Mrd. USD. [4]

Der offizielle Wechselkurs des Pesos, der ihn weit ueberbewertete, wurde unter Milei bereits angepasst (von 360 auf 800 Pesos/USD), und naeherte sich dem "blue", also dem frei wenn auch illegal gehandelten Dollar. Letzterer blieb verblueffend ruhig, wobei er in den letzten Tagen zu klettern begonnen hat.

Die Preisbindungen im Einzelhandel liefen mit dem Ende der letzten auch aus, was zu starken Preiserhoehungen fuehrte. Soweit verstaendlich, denn die durch Neuemission angefeuerte Inflation lief trotz waehrend des Wahlkampfs eingefrorener Preise weiter.

- Werner

[1] https://www.bloomberglinea.com/latinoamerica/argentina/sangria-de-dolares-reservas-netas-del-bcra-cayeron-us23400-millones-con-alberto-fernandez/
[2] https://chequeado.com/el-explicador/que-es-la-deuda-comercial-por-importaciones-y-a-cuanto-se-estima-que-asciende/
[3] https://chequeado.com/el-explicador/como-evoluciono-la-pobreza-con-cada-presidente/
[4] https://www.infobae.com/economia/2024/01/12/expropiacion-de-ypf-la-argentina-podria-terminar-pagando-casi-el-triple-de-lo-que-vale-actualmente-la-compania/

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