Der Artikel postuliert, dass, wenn der Staat weniger ausgibt, auch weniger Geld zum Leben und Wirtschaften zur Verfuegung steht, weshalb das die Krise nur verschaerfen wuerde.
Zuallererst sollte man sich sich hier fragen, warum denn der Staat die Geldquelle sein soll, und nicht etwa der private Sektor. In vielen Laendern ist der Staatsanteil niedrig. Argentinien ist keineswegs rueckstaendig, auch wenn das Bildungsniveau in den letzten Jahrzehnten gelitten hat, und verfuegt ueber erhebliche natuerliche Ressourcen. Es koennte also durchaus eine starke Industrie haben.
Die Idee, dass das Geld durch den Staat kommen soll, erinnert aber auch an die Parabel vom zerbrochenen Fenster (vielleicht besser als "broken window fallacy" bekannt). Hier ist die Idee, dass jemand, der ein Fenster einschlaegt, damit der Wirtschaft hilft, denn nun muss jemand das Fenster ersetzen, und verdient damit Geld.
Das mag sich plausibel anhoeren, aber das Problem ist, dass damit Ressourcen (Geld und Arbeitskraft) zum Aufrechterhalten des Status Quo aufgebracht werden. Diese Ressourcen stehen damit nicht mehr fuer sinnvollere Taetigkeiten, z.B. neuer Wertschoepfung oder der Verbesserung von Lebensumstaenden, zur Verfuegung.
Der Staatsapparat in Argentinien ist gigantisch und ineffizient. Fast alle Staatsbetriebe schreiben Verluste, teils in gigantischer Hoehe. Ein riesiger Staatsapparat will beschaeftigt werden, und wenn es keine sinnvolle Arbeit fuer ihn gibt, dann schafft er eben sinnlose Arbeit. Das fuehrt zu einer komplexen und kaum nachvollziehbaren Buerokratie. Das Gegenstueck dazu sind Armeen von Buchhaltern und Anwaelten, die Firmen und Privaten dabei helfen, sich einen Weg durch diesen Dschungel zu bahnen. All diese Muender wollen freilich auch gestopft werden, was sich auf die Produktionskosten auswirkt. Das ist dann einer der Gruende, warum die argentinische Industrie oft im internationalen Wettbewerb verliert, bzw. erst gar nicht versucht, am Wettbewerb teilzunehmen.
Dass ein Staat, der alles kontrolliert und jederzeit ein Gesetz oder ein Reglement zuecken kann, gegen das man unerwaerteterweise verstossen hat, auch ueber eine wohlgenaehrte Korruption verfuegt, sollte nicht ueberraschen.
Allerdings ist der Staatsbetrieb so gross, dass es selbst mit argentinischer Kreativitaet nicht gelingt, fuer alle eine Arbeit, sinnvoll oder nicht, zu erzeugen. Damit kommen wir zu den "Noquis". Gnocchi sind ein preisguenstiges Gericht, das deshalb v.a. dann beliebt ist, wenn am Monatsende das Geld vom letzten Zahltag knapp wird. Man sieht sie also v.a. am Monatsende.
Die "Noquis" sind Leute, die man ebenfalls nur am Monatsende an ihrem Arbeitsplatz antrifft. Naemlich um den Lohn abzuholen. Dann verschwinden sie, und machen etwas anderes. Dass es dafuer einen gelaeufigen Ausdruck gibt, sollte schon erkennen lassen, dass das ein verbreitetes Phaenomen ist. Heute ist das natuerlich moderner, und sie muessen teilweise ueberhaupt nicht zur Arbeit erscheinen. Manche wissen nicht einmal vom ihrem Glueck, einen gut bezahlten Staatsjob zu haben.
Hier wird also eine enorme Arbeitsleistung bezahlt, die nicht erbracht wird, oder wenn, dann wenig Nutzen hat. Wenn Milei mit der Kettensaege posiert, und ueber Parasiten schimpft, dann bezieht er sich auf diesen Sumpf.
In seinen anarchokapitalistischen Traeumen wuerde er sicher gerne noch viel weiter gehen, aber dass dazu erst mal eine gesunde Wirtschaft noetig ist, die Arbeit fuer ehemalige Staatsbedienstete hat, ist auch ihm klar. Ausserdem muss er erst mal die ~20 Millionen an Armen aus dem Elend holen. Deshalb ist auch das Ministerium fuer "Humankapital", das sich auch um Sozialhilfe kuemmert, das einzige, das weitgehende Handlungsfreiheit bei den Ausgaben hat.
- Werner