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  • Sissy Fuß

mehr als 1000 Beiträge seit 12.12.2007

Re: Fantasielos

Evo_Si schrieb am 25. September 2009 16:27

> > ist, sondern daß Du ein komischer Roter bist. Nach Stalin, Mao und
> > Pol Pot sollte doch eigentlich der letzte Hirni kapiert haben, daß
> > das nicht der Weg sein kann. 
> Das kannst du nur sagen wenn es eine Möglichkeit gibt etwas durch
> demokratische Wahlen zu ändern.

Leg mich nicht auf Wahlen fest. Weiter unten habe ich schließlich
geschrieben, was den Wahlen vorausging, die Evo Morales gewonnen hat:
Streiks, Demonstrationen, Straßenblockaden. Das gehört für mich alles
dazu, und noch vieles mehr. Engels hat ja mal geschrieben: „Am besten
wäre es, wir könnten die ganze Bande auskaufen.“ :-)
Wahlen können nichts ändern, sie können höchstens der Ausdruck dafür
sein, daß sich etwas geändert hat. Weder Evo noch Allende oder die
spanischen Republikaner hatten ihre Wahlsiege ihrem tollen Wahlkampf
zu verdanken, sondern sie wurden von einer starken gesellschaftlichen
Strömung ins Amt getragen. Und nun kommt es darauf an, zu verhindern,
daß es Evo wie den anderen Genannten ergeht.

> Der letzte Volkskrieg in Nepal war sehr erfolgreich.

War er das? Das alte Regime hatte abgewirtschaftet und war völlig
isoliert. Aber gestürzt wurde es nicht durch die Maoisten, die hätten
noch hundert Jahre Anschläge verüben können. Sie haben zu seinem
Sturz beigetragen, aber das konnten sie nur, weil dieser Sturz fällig
war.

„Volkskriege“ gibt es nicht und kann es gar nicht geben, denn ein
Bürgerkrieg findet nie zwischen „dem Volk“ und „den Unterdrückern“
statt, sondern zwischen sozialen Schichten und kulturellen bzw.
religiösen Gruppen. Der Riß geht selbst durch Familien, deswegen
trifft es der Ausdruck „Bruderkrieg“ oft weit besser als der Begriff
„Bürgerkrieg“ - gehören dann die Eltern zu den Unterdrückern und die
Kinder zum Volk oder wie?

> Klar sind da Menschen bei gestorben - aber ich
> denke schon das man Opfer bringen muss wenn man die Freiheit will.

Noch mal: Wer zahlt den Preis? Wer bringt die Opfer? Was ist ein Ziel
wert, das durch Krieg erreicht wurde, und wie werden die Überlebenden
des Gemetzels mit all dem Haß und Elend fertig?

> Stimmt - aber in Deutschland war das ja eigentlich auch nie notwendig
> (jedenfalls nicht seit Ende des 2. Weltkrieges). Die Deutschen können
> "theoretisch" ihre Regierung durch eine demokratische ersetzen und
> müssen auf Demos zwar Angst um ihre Gesundheit und Freiheit haben
> aber noch nicht um ihr Leben. Bei den Menschen in Honduras ist das
> aber anders.

Die Dinge haben sich geändert. Die Putschisten in Honduras haben
bereits verloren, sie wollen es bloß noch nicht einsehen. Aber dazu,
daß sie international völlig isoliert sind - allen Bemühungen der FDP
zum Trotz :-> - hat die Standhaftigkeit der Demonstranten
entscheidend beigetragen, eben weil sie friedlich geblieben sind und
dadurch den Putschisten die Chance nahmen, sich als Retter von Recht
und Gesetz aufzuspielen. In der DDR war es ähnlich - die Betonköpfe
haben doch bloß darauf gewartet, daß die Bürgerrechtler etwas
„anstellen“! Aber die haben ihnen den Gefallen nicht getan.

> Du vergleichst verschiedene Situation die nix miteinander zu tun haben.

Ich weiß, daß das nicht für alle Situationen gilt. Friedlicher
Widerstand kann schier unmöglich sein. Das sehe ich aber in Honduras
nicht, im Gegenteil. Dort ist friedlicher Widerstand das höchste
Gebot!

> Ein Beispiel - auf einer Demo habe ich mal für eine Politgruppe deren
> Mitglied ich war ein Plakat "Marx statt Hartz" gehalten. Am nächsten
> Tag wurden ich und eiige andere die diese Idee hatten angefeindet mit
> der Begründung das es ja irgendwo in Baden Würtenberg einen NPD
> Politker gebe der Marx heißt und die NPD ebenfalls ein solches Plakat
> verwendet habe.

Das war Pech, und Deine Kritiker waren albern. Die Losung „Marx statt
Hartz“ bringt es auf den Punkt, die ist in ihrer Kürze richtig gut,
und daß es Bischöfe, CDU-Politiker und Nazis gibt, die Marx heißen,
ändert daran nichts. Aber bei Deinem Posting geht es um etwas
anderes. Da geht es um Parallelen in der Denkweise, und das solltest
Du abstellen.

> Naja die Menschen hier sprechen im Augenblick davon das es nur eine
> Frage der Zeit ist bis es zwischen dem Department Santa Cruz und den
> Anhängern der Zentralregierung zum Bürgerkrieg kommt.

Den kann doch keiner von Evos Anhängern wollen. Also tut was dagegen!
Die Lage ist günstig wie noch nie. Früher wäre Evo doch längst aus
dem Amt geputscht worden, und das „demokratische Ausland“ hätte
Beifall gezollt. Heute wird den Rassisten in Santa Cruz von allen
Seiten die rote Karte gezeigt. Sie hätten kaum eine Chance, wenn sie
es wirklich darauf ankommen lassen, das haben ja auch die Präsidenten
der Nachbarländer zu verstehen gegeben. Es ist eben nicht mehr die
Zeit der „Operation Cóndor“.

> Den Spruch haben viele gebraucht - ich glaube der erste der ihn
> gebrauchte war Thomas Jefferson, jedenfalls war es der erste von dem
> ich das weiß.

Das macht den Spruch nicht besser und Jefferson nicht sympathischer.

> Tue ich, denk du aber auch nach wer den Preis für dein Stillhalten
> bezahlen muss und ob der über die Zeit gesehen nicht vielleicht
> größer ist.

Ich halte durchaus nicht still, aber darüber bin ich Dir keine
Rechenschaft schuldig.

Zum Abschluß will ich aber noch ein Kompliment loswerden, und zwar
für Deinen Diskussionsstil. Ich bin grob geworden, und ich glaube
weiterhin, daß wir uns ein einigen wichtigen Fragen nicht einigen
können. Aber daß Du Dich auf eine ernsthafte Diskussion eingelassen
hast, gefällt mir.

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