Francisco Manuel schrieb am 24.12.2024 07:31:
Syrien ist geopolitisch so günstig auf der Landkarte positioniert, dass es zu wertvoll ist, um einem einzigen Akteur allein die Profite zu überlassen.
Also, geopolitisch ist Syrien schon wichtig genug, dass sich alle Welt einmischt, aber Profite?
In Syrien macht niemand Profite.
Hinzu kommen die tiefen ethnischen und kulturellen Unterschiede in den verschiedenen Landesteilen. Die Nachlässigkeit Assads in der Verwaltung des Landes, entgegen aller Empfehlungen Russlands (möglicherweise unter dem Einfluss Irans), ist der Hauptgrund für den Zerfall der syrischen Regierung.
Statt die Strukturen des syrischen Staates zu erhalten, scheint der Westen mehr an totaler Vergeltung interessiert zu sein.
Was hat der Westen den groß in Syrien unternommen?
Ich wüsste da nichts. Da waren hauptsächlich die Türken und die Russen aktiv.
Der Westen war bei den Aktionen gegen den IS in Syrien aktiv, aber sonst?
Unterschiedliche Akteure konzentrieren sich auf die Zerstörung der wichtigen Infrastruktur des Landes – mit einer überraschenden Straflosigkeit.
Ich denke, man will in erster Linie verhindern, dass sich da irgendwer zur Chemiewaffenmacht aufbaut.
Von einer systematischen Zerstörung ziviler Infrastruktur lese ich jedenfalls nichts; hast du dafür einen Beleg?
Wie soll Syrien als Staat unter diesen Bedingungen überhaupt überleben? Ohne wirtschaftliches Potenzial und ohne Perspektiven werden Extremisten die Oberhand gewinnen
Kann kommen, ja.
– was bereits der Fall ist.
Also, in der HTS sind sicherlich auch Extremisten mit dabei.
Aber ob die am Ende die Politik bestimmen oder nicht, ist noch gar nicht ausgemacht.
Diese Realität zu ignorieren, ist beschämend.
Reine Schwarzmalerei ist nicht besser.
Die Schlussfolgerungen sind eindeutig: Der Westen zeigt weder klare Führung noch eine einheitliche Strategie.
Hätte er das, würde man ihm Neokolonialismus vorwerfen.
Zu Recht sogar.
Und bisher ist doch jeder Versuch eines Nation Building in Regionen ohne westliche Staatstraditionen krass gescheitert.
Es KANN gar keine klare Führung oder Strategie geben.
Selbst wenn es mehrere Ansätze gäbe, könnten diese, sofern sie rational sind, eine konstruktive Lösung ermöglichen. Stattdessen dominieren emotionale und phobische Reaktionen, die regionalen, egoistischen Akteuren freie Hand lassen. Daher ist leider nur mit weiterem Chaos und Krieg in der Region zu rechnen.
Oh, es ist schon eine Strategie da: Niemand will sich in Syrien die Finger verbrennen.
Die Türken nicht, die Russen nicht, der Iran nicht, der Westen nicht.
So jedenfalls meiner Vermutung, warum sie alle in schöner, seltener Einmütigkeit proklamieren, dass die Syrer sich jetzt ihre Zukunft selber gestalten müssen und Einmischungen von außen zu unterbleiben haben. Es ist verdammt lange her, dass sich all die Einflussmächte so gleichzeitig und abrupt ihre Manöver aufgegeben haben.
Na ja, "aufgegeben" ist viel zuviel gesagt. Ich bin sicher, hinter den Kulissen läuft das alles weiter.
Aber die öffentliche Erklärung bedeutet, dass man keinen offenen Einfluss nimmt.
(Israel tanzt da aus der Reihe, indem es im Golan Fakten schafft, aber auch da bleibt abzuwarten, wie dauerhaft sich die Israelis dort installieren wollen. Womöglich gehen die da wieder raus, wenn die neue syrische Regierung stark genug und willens ist, die iranischen Milizen dort rauszuhalten.)