Tobias Kern schrieb am 10.08.2021 13:13:
Also Nichtauswandern zur Naziszeit das einzige ist was die Münchner Stadtverwaltung gegen Herrn Kästner hat. Sehr komischer Grund.
Auswandern ist nicht jedermanns Sache,viele Schriftsteller haben sich auch im Exil das Leben genommen oder sind depressiv geworden da sie mit den Veränderungen nicht klarkamen. Viele wurden auch in der Sowjetunion und später auch in den USA wegen ihrer politischen Überzeugungen verfolgt, kleinere Staaten lieferten auch Emigranten an Deutschland aus.
Nicht jeder der in Deutschland geblieben ist automatisch zum Nazi mutiert, im Gegenteil Kästners Bücher wurden verbrannt, er selbst von der Gestapo vernommen. Er hat jedoch unter verschiedenen Pseudonymen Drehbücher für die UFA geschrieben (z.B. Münchhausen)
Vielleicht kreidet man ihm das heute an - aber wie gesagt auswandern ist nicht jedermanns Sache, und nicht jeder konnte sich wie z.B. Erich Maria Remarque eine panamaische Zweitstaatsbürgerschaft leisten mit der er bequem in die Schweiz fahren konnte und sich in seiner Villa viele Schicksale von Emigranten anhören und zu Büchern verarbeiten konnte.
Das soll jetzt nicht gegen Erich Maria Remarque gerichtet sein, er hat viele Emigranten-Schicksale in dieser Zeit in Form von Romanen verarbeitet und sie damit dokumentiert.
Er hatte jedoch auch schon vor den Nazis Erfolg - "Im Westen nichts Neues" war auch international ein Erfolg und wurde von Hollywood 1929 verfilmt. Er war also finanziell besser gestellt - und deshalb viel es im leichter noch am 30.Januar 1933 Deutschland mit dem Auto Richtung Schweiz zu verlassen.
Kästner war vor 1933 neben der Tätigkeit als Schriftsteller auch noch als Journalist und Theaterkritiker tätig - er hatte schon in Deutschland Schwierigkeiten über die Runden zu kommen - als Emigrant wäre das noch schwieriger gewesen.
Die Moralisten und Bessermenschen werden vor Nichts und Niemandem halt machen.
Institutionen "gegen Dings", oder auch "gegen Bumms", werden, um ihre Daseinsberechtigung stets aufs Neue zu untermauern, immer neue Opfer für ihre kruden Kampagnen finden, immer neue Gegebenheiten, welche gestern noch normal waren, zu "Anti-Irgendwas", was auf keinen Fall geduldet werden kann, umdeuten und lautstark Protest erheben.
Ich hoffe, der "Great Reset" vom Herrn Schwab wird auch in diesem Bereich zu einer Bereinigung der Systemlandschaft führen...