Ganz einfach weil ich den alten Bundestag nicht mehr dafür demokratisch legitimiert halte.
Das ist für mich nicht logisch. Der alte Bundestag ist genauso gewählt wie der neue und so lange voll legitimiert, wie der neue Bundestag sich nicht konstituiert hat. Eine Regierung oder ein Parlament wird nicht dadurch illegitim, dass ein neues gewählt wurde. Es gibt für den Übergang Regelungen und Fristen - in den USA bei der Präsidentschaftswahl sind das z.B. mehr als zwei Monate, wo der alte Präsident noch alle Fäden in der Hand hat.
Aber dieser Move der Union, erst mit dem kompromisslosen Festhalten an der Schuldenbremse Oppositionspolitik und Wahlkampf zu machen um sie dann sofort faktisch abzuschaffen, wo man selbst an die Regierung stellt, der hat schon Vertrauen gekostet. Ganz unabhängig davon ob der alte oder der neue Bundestag das beschließt. Union und FDP waren anscheinend so darauf fixiert die Ampel zu Fall zu bringen, dass sie dafür alle Risiken für ihre Glaubwürdigkeit und ihre Handlungsfähigkeit (und die der Demokratie) in Kauf genommen haben. Denn auch ohne Trump hätte die Union mit der Schuldenbremse in ihrer alten Form keines ihrer teuren Wahlversprechen umsetzen können. Insofern hat sie Glück, dass sie jetzt alles auf die Abrissbirne im Weißen Haus schieben kann. Den Investitionsstau hat sie selbst maßgeblich mit verursacht, zuerst in 16 Merkeljahren, und aktuell durch die Verweigerung nach dem Verfassungsgerichtsurteil zum Ampel-Haushalt. Die Ampel wollte investieren, hatte aber kein Geld mehr dafür, nachdem ihr Bauerntrick mit dem Coronageld keine Gnade in Karlsruhe fand.
Das ist aber kein Fehler der Demokratie an sich. Die kann auch nicht besser sein als die Akteure, die gerade auf der Bühne stehen.
"Ich war letztes Jahr bei der Münchener Sicherheitskonferenz und ich hab da mit mehreren Unions-Leuten geredet. Und die haben einem alle da schon unter der Hand gesagt: "Ricarda, jeder von uns weiß, dass man heutzutage mit der Schuldenbremse, wie sie grad ist, gar nicht mehr regieren kann. Und sobald wir in der Regierung sind, werden wir die ändern." Und ich hab damals schon zu denen gesagt: "Das könnt ihr nicht machen, Leute. Ihr könnt euch jetzt nicht noch ein Jahr lang hinstellen und im Wahlkampf die Schuldenbremse zu DEM Ausdruck der Generationengerechtigkeit erklären, sagen, dass man da auf gar keinen Fall rangehen wird, dass man die das mit allem, was man hat, verteidigen wird, um dann direkt nach der Wahl plötzlich zu sagen, 'ach, jetzt wo wir regieren, wollen wir auch das Geld haben, jetzt machen wir es offen'". Und dass man sich dann einen Tag nach der Wahl wirklich hinstellt und plötzlich sagt "Jetzt geht das" - das ist 'ne Art, das kostet Vertrauen. Dieses Politik als Taktieren, Politik mit dem Blick auf den eigenen Vorteil. Politik, wo ich in den Wahlkämpfen nicht über die realen Probleme und Notwendigkeiten rede, um sie dann anzugehen, das wird ganz viel Vertrauen kosten."
Ricarda Lang, "Spitzengespräch" mit Markus Feldenkirchen v. 25.2.2025