Die Regierung in Russland ist sich durchaus darüber im Klaren, dass sie im Ukraine-Krieg strategisch auf eine Niederlage zusteuern. Deswegen versucht sie mit der geänderten Atomdoktrin, nochmal mit dem Einsatz von Atomwaffen zu drohen - in der Hoffnung, damit diese Niederlage abzuwenden.
Nachdem Russland seit ca. einem Jahr täglich die Gesundheit und das Leben von über 1000 seiner Soldaten opfert, ist diese Zahl seit Ende Sommer wohl auf 1500 angewachsen, um den Frontdurchbruch bei Ocheretyne auszunutzen. Seit klar ist, dass mit dem Sieg von Donald Trump das Damoklesschwert eines erzwungenen Waffenstillstand über dem Krieg schwebt, hat Russland wohl die Schlagzahl noch einmal erhöht: Es sollen jetzt 2000 Soldaten jeden Tag sein, den die Russische Föderation dem Krieg opfert.
Schaut man auf die Landkarte der Ukraine, dann wird klar dass diese >300.000 Mann Verlust in einem Jahr nicht einmal die Fläche erobern konnten, aus denen die Ukrainer nach dem ersten halben Jahr die Russen wieder herausgeworfen hatten.
Fakt ist, dass Russland nur eine sehr begrenzte Zeit mit der jetzigen Methode weitermachen kann. Der Kreml hat sich schon im Frühjahr zusätzlich dafür entschieden, das zu zerstören, was nicht erobert werden kann - der Westen hat darauf bis heute darauf keine angemessene Antwort gefunden.
Dass die Freigabe erst jetzt kam wird Vordergründig mit der Anwesenheit koreanischer Soldaten bei den Russen begründet. Im Hintergrund waren aber vermutlich die Schläge der Ukrainer mit eigenen Drohnen und Raketen auf Munitionslager bei Schebekino förderlicher für die Freigabe: Die Ukrainer hatten gezeigt, dass sie nicht auf die amerikanischen Waffen angewiesen sind, und die explodierte Munition hat den Russen wohl für den Zeitraum von Monaten die Hälfte ihrer Artilleriegranaten und Gleitbomben an der nördlichen und nordöstlichen Front genommen.
Die neue Atomdoktrin ist gegenüber der bisherigen auch nicht wirklich eine Steigerung: Russland kann jederzeit behaupten, dass eine militärische Niederlage in der Ukraine die Existenz des Staates bedroht, dieser Aussage wird vermutlich in keiner Regierung in der westlichen Welt widersprochen werden. Der Westen hat lange versucht, bei seiner Unterstützung der Ukraine darauf Rücksicht zu nehmen. Vor allem die massiven Angriffe Russlands auf die gesamte Ukraine haben den Westen davon überzeugt, dass Russland die Ukrainer nach wie vor vernichten will und von diesem Ziel auch dadurch nicht abrückt, dass es durch die westliche Unterstützung unmöglich wurde. Das mag mit zu einem Umdenken in Washington geführt haben, die Freigabe der Waffen für Angriffe nach Russland hinein doch zu erteilen.
Mein Fazit: Da Russland weiß, dass der Krieg nicht mehr gewonnen werden kann setzt man jetzt halt wieder auf die nukleare Bedrohung. Wohl wissend, dass der Einsatz auch nur einer Nuklearwaffe durch Russland beim derzeitigen Stand der Frontlinie drastische Folgen für Russland hätte, vermutlich würde der Westen versuchen, Russlands Atomkräfte so weit und so schnell wie nur irgend möglich durch konventionelle Waffen zu dezimieren.