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4 Beiträge seit 05.04.2003

Gegnerschaft kann vieles heissen

demon driver schrieb am 7. April 2003 10:23

> worschtbrot schrieb am 7. April 2003 8:53

> > Selten zuvor ist ein Krieg aus derart offensichtlichen Motiven und
> > mit einer derartigen Arroganz der Macht vom Zaun gebrochen worden.
> > Selten zuvor wurde ein Land derart als Beute behandelt.

> Hm, und was war Desert Storm aka Irakkrieg I? Vom Prinzip her?
> Kosovo? Afghanistan? Sollten die Unterschiede wirklich mehr als
> graduell sein?

Also: Der erste Irakkrieg war durch ein UNO-mandat abgedeckt, d.h.
dass sich eine nicht unerhebliche Anzahl von Ländern darüber einig
war, dass die Invasion von Kuwait durch den Irak Grund genug für
einen Krieg war. Man kann meiner Meinung nach gerne darüber
diskutieren, ob das als Kriegslegitimation ausreichend ist, aber die
UNO ist das einzige multilaterale Gremium überhaupt, das anerkannt
genug ist, um über solche Dinge zu entscheiden.

Der Kosovo war durch die Blockierung der UNO aufgrund
unterschiedlicher Interessen zwischen EU, USA und Russland geprägt.
Der Einsatz dort war NICHT durch die UNO legitimiert, unterscheidet
sich aber fundamental vom Golfkrieg II durch die Tatsache, dass im
Kosovo zumindest kurz- und mittelfristig kaum ökonomische order
politische Vorteile für die kriegführenden Parteien sichtbar sind,
wenn man vom Zurückdrängen des russischen Einflusses (durch Serbien)
absieht.

Die Situation in Afghanistan war ein Erbe des Kalten Krieges, und die
Invasion dort diente mit Sicherheit nicht nur dem Angriff auf die
Taliban und El Kaida. Die USA haben massive Ölinteressen in den
ehemaligen Staaten der UdSSR und fördern in einigen Staaten schon.
Ich wäre nicht überrascht, wenn auf einmal eine Pipeline durch
Afghanistan zum Indischen Ozean führt und damit die Spannungsgebiete
um das Kaspische und Schwarze Meer umgangen würden.

> > Wird diese amerikanische Aussenpolitik weitergeführt, und es deutet
> > nichts darauf hin, dass sie sich ändern wird, wird es meiner Meinung
> > nach Zeit für den Rest der Welt, die USA nicht mehr als Partner,
> > sondern als Gegner zu sehen.

> Der Ansatz ist völlig falsch. *Gegner* hat diese Welt eben zu viele.
> Auch nach des Falls des eisernen Vorhangs. Die Gegnerschaft der USA
> und anderer Teile des Westens gegen Teile der arabischen Welt (aka
> den "Terror") ist doch nur die derzeit global am stärksten beachtete
> Gegnerschaft. Das Hinzufügen weiterer Gegnerschaften wird das Spiel
> nicht beenden, und es wird auch nicht plötzlich dazu führen, dass
> freundlichere Regeln eingeführt würden.

Auf der anderen Seite wird die amerikanische Regierung durch einen
Kuschelkurs oder peinliche Analadvancen a la Merkel bestimmt nicht zu
einer Änderung ihrer Politik finden. Insofern finde ich den vorher
vorgeschlagenen Kurs einer Containment-Politik sinnvoll und richtig.

> > Die deutsche Regierung und die Regierungen aller anderen Länder [...]

> Die Regierungen aller anderen Länder sind auch nicht die Richtigen,
> insbesondere die deutsche und die französische Regierung sind die
> allerletzten, denen glaubwürdig eine Friedensbringerrolle zukommen
> könnte, und das gar als "Gegner" der einen oder anderen bereits
> kämpfenden Kraft. Inwieweit überhaupt "Gegner"? Sollen wir den USA
> mit Militär drohen, oder was?

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum die deutsche und
französische Regierung als Friedensstifter so ungeeignet sein sollen.
Außerdem kann Gegnerschaft ja viele Formen annehmen. Dass es momentan
keinen Machtblock gibt, der den USA militärisch gewachsen ist, kann
man als gesichert annehmen. Die Politik der amerikanischen Regierung
zeigt allerdings überdeutlich, dass es genau diese Regierung, die
sich in voller Absicht und im Wissen darum, was sie tut, gegen den
Rest der Staatengemeinschaft stellt, in dem Bewusstsein, dass sie
aufgrund ihrer Stärke und Position sowie der geopolitischen Lage
keine Sanktionen fürchten muß. Sie folgt damit Staaten wie dem
Dritten Reich, der Sowjetunion, Gross-Serbien und anderen. Insofern
geht die Gegnerschaft in der Tat von den USA aus, und die deutsche
Regierung (und Opposition) tut gut daran, dieses Faktum nicht aus den
Augen zu verlieren.

> > Dies können insbesondere die UN und die Achse
> > Frankreich-Deutschland-Russland-China sein.

> Weil insbesondere Russland und China sich in den letzten Jahrzehnten
> so hervorragend darin profiliert haben, Konflikte von globaler
> Bedeutung mit friedlichen Mitteln zu lösen?

Nein, Herr Provokateur, sondern weil Russland und China neben Europa
die einzigen Machtblöcke sind, die überhaupt eine Chance haben, von
den Amerikanern erst genommen zu werden (vor allem wenn sie verbündet
sind), und weil sie gleichzeitig interessante Märkte sind...

> Einer solchen "Achse" das Wort reden kann doch eigentlich nur jemand,
> dem daran gelegen ist dem US-amerikanischen einen europäischen, dabei
> gleichzeitig antiamerikanischen *Imperialismus* entgegenzusetzen. Und
> solches mögen die höheren Mächte, die da seien, dann aber doch bitte,
> bitte verhüten.

So redet jemand, der in der Tat daran interessiert ist, dem
amerikanischen Imperialismus etwas entgegen zu setzen. Das hat mit
eigenem Imperialismus erst mal gar nichts zu tun. Im Übrigen auch
nicht mit Anti-Amerikanismus. Allerdings halte ich es für
grundfalsch, aus falsch verstandenem Harmoniebedürfnis die Interessen
des eigenen Landes und der eigenen Region auf dem Altar der
romantischen Amerikagläubigkeit zu opfern. Der aufkeimende politische
Egoismus ist durch die Amerikaner geschürt worden, nicht durch die
Europäer oder Herrn Schröder.

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