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  • gertoms

100 Beiträge seit 21.10.2021

Meine Erfahrung

Ich bin ein in Frankreich lebender Renter, Schmerzpatient und nehme seit Jahren opioidhaltige Schmerzmittel ein, deren Dosis ich seit einem Jahr langsam reduziere.

Zuerst habe ich versucht, mir mit 25-prozentigem CBD-Öl zu helfen, was für mich nicht funktioniert hat. Dann habe ich angefangen, ein full spectrum THC-Ol (15-20% THC-Gehalt) zu nehmen, und das hilft mir wunderbar. Den Rat "start low, go slow" habe ich streng befolgt und das war gut so.

Ich nehme es oral ein, d.h. ich esse es - ein Tropfen Öl auf ein Stück Brot auf nüchternen Magen, zweimal pro Tag, das entspricht einer Einzeldosis von 6 bis 8 mg THC und einer Tagesdosis zwischen 12 und 16 mg. (Unter der Zunge hatte ich nur Nebenwirkungen, aber keine positive Wirkung).

Nach ungefähr einer Stunde tritt die Wirkung ein, die aus einem psychisch und physisch angenehmen Entspannungsgefühl besteht. (Besser als jedes Benzodiazepin!) Mittlerweile nehme ich nur noch ein Achtel(!) meines ursprünglichen Opioidschmerzmittels und es geht mir gut damit. Mein Schlaf hat sich verbessert, die Stimmung ist gut, und ich habe weiterhin eine Schmerzreduktion.

Leider ist Frankreich bezüglich (medizinischem) Cannabis sehr konservativ eingestellt. Der Konsum ist in Frankreich illegal und wird weiterhin bestraft. Die meisten französischen Ärzte kennen sich mit Cannabis nicht aus (woher auch, in ihrer Ausbildung kam das Thema nicht vor). Es gibt ein paar französiche Ärzte, die sich privat in dem Thema weitergebildet haben, sie sind die Ausnahme. Für die meisten französichen Ärzte ist Cannabis weiterhin schlecht und böse. Als Patient muss ich aufpassen, welchem Arzt ich davon erzähle, denn steht in meiner digitalen Patientenakte erstmal was von Cannabiskonsum, bin ich unauslöschlich als "Drogenkonsument" stigmatisiert.

In Frankreich wurde vor zwei Jahren die erste offizielle Studie zur Nutzung von medizinischem Cannabis genehmigt. Die Studie ist auf 3000 Patienten beschränkt. Um teilnehmen zu dürfen, muss man fast tot oder unheilbar krank sein, mit der weiteren Auflage, dass man ALLE bekannten Medikamente zu seiner Pathologie erfolglos durchprobiert haben muss. Vor kurzem ist das Experiment um ein Jahr verlângert worden.

https://sante.lefigaro.fr/medecine/cannabis-therapeutique-l-experimentation-officiellement-prolongee-d-un-an-20230329

Wenn ich Frankreich mit den USA vergleiche (bzgl. der Staaten, wo Cannabis legal oder medizinisch legal ist), ist Frankreich auf einem Forschungsstand aus dem Pleistozän. In den USA entwickelt sich medizinisches Cannabis mittlerweile zu einem harm reduction- und Ausstiegstool für Opioidsüchtige (das von wegen "Einstiegsdroge"...). Es funktioniert nicht für jeden Süchtigen, aber vielen hilft es.

Siehe Legalisierungskarte:
https://en.wikipedia.org/wiki/Legality_of_cannabis#/media/File:Map-of-world-medical-cannabis-laws.svg

In den USA ist seit der Legalisierungswelle die Cannabisforschung in der Medizin richtig aufgeblüht. Es ist super interessant, Studien zum Thema zu lesen und sich Vorträge von Ärzten und Forschern anzuhören. Davon ist Frankreich noch meilenweit entfernt (viele französische Ärzte können nicht einmal englische Texte lesen oder englische Vorträge verstehen...)

Ich bin zu alt, als das ich noch Zeit hätte, auf eine Legalisierung in Frankreich zu warten. Ich bin heute Schmerzpatient und in zehn oder zwanzig Jahren wahrscheinlich tot. Da ist mir meine Gesundheit wichger als die Einhaltung eines dummen Gesetzes.

Ich bin froh, Cannabis als medizinische Hilfe kennengelernt zu haben und möchte darauf nicht mehr verzichten.

Edit: Rechtschreibung

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (23.09.2023 21:54).

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