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mehr als 1000 Beiträge seit 10.01.2003

Wir sollten uns unserer historischen Verantwortung bewusst werden!

Verantwortung üben bedeutet nicht, die dickere Keule während eines Streits auf die Theke packen zu können, sondern weiterhin mit ruhigem Tonfall die Diskussion fortführen. Das mag angesichts des Krieges Ukraine/Russland etwas spät erscheinen, ist es aber nicht, denn es ist bekanntlich nicht unser Krieg. Wir sind keine Kriegspartei und sollten tunlichst das Zündeln unterlassen, wenn wir unsere Finger nicht verbrennen wollen.

Verantwortung in der Außenpolitik bedeutet auch nicht, stets dem großen Bruder in Washington zu folgen. Nibelungentreue hat noch nie zu einem Vorteil gereicht. Wir müssen endlich aufhören, US-amerikanische Interessen auf dem europäischen Kontinent zu verteidigen und unsere eigenen hinten anstellen. Sind wir ehrlich: was genau hat der Handelskrieg mit Russland (die Sanktionen) genau gebracht? Russland muss uns kein Öl und kein Gas verkaufen, wenn sie nicht wollen, da gibt's andernorts auch Abnehmer. Und obschon wir überhaupt keine unmittelbare Kriegspartei sind, beutelt es unsere Wirtschaft so, als ob die Russen bereits Mecklenburg Vorpommern, Brandenburg und Sachsen eingenommen haben und München bereits belagern. Im westlichen Teil der EU sieht es fast überall ähnlich aus. Offiziell sind die Russen schuld an leeren Regalen, teuren Spritpreisen und 7% Inflation, aber natürlich ist das Unsinn, wenn das Barrel Rohöl günstiger ist als 2008 und die Spritpreise trotzdem durch die Decke gehen. Es ist auch quatsch, dass der Russen wegen bei uns Öl, Saatgut, Getreide und Dünger ausgehen, weil das alles Dinge sind, die in der EU noch vor wenigen Jahren ganze Berge und Seen überproduzierter Güter ergab. Auf einmal ist nix mehr da? Ich denke, da hat eher der Spekulant zugeschlagen, aber nicht der Russe. Das bisschen, was aus der Ukraine importiert wird, dürfte jedenfalls nicht zu massiven Versorgungsengpässen führen. Und wenn VW keine Kabelbäume mehr aus der Ukraine bekommt, dann muss eben umgestellt werden auf einen Zulieferer aus Polen …

Die vielleicht größte historische Verantwortung lastet aber auf uns, wenn man bedenkt, dass Ukrainer und Russen (und weitere osteuropäische Völker) schwer unter den Nationalsozialisten zu leiden hatten. Die Russen haben den mit Abstand größten Blutzoll getragen. Soll wieder russisches Blut an unseren Händen kleben, weil irgendwer nicht genug haben kann von Krieg und Zerstörung? Retten wir die Ukraine wirklich mit einem Waffengang, oder geht es nicht viel eher drum, die Russen bis nach Moskau zurückzudrängen? Wann sind genug Menschen um's Leben gekommen, damit die beiden Kriegsparteien eine friedliche Lösung mit Ernsthaftigkeit suchen - und wären wir, würden wir eingreifen, nicht einfach nur Kriegsverlängerer? Kämpfen bis in den Untergang hinein, das kennen wir auch aus der Geschichte und die Lehre daraus sollte sein, solche selbstzerstörerischen Kriege nicht mehr führen zu sollen!

Im Grunde bleibt uns, wären wir ein geläutertes Volk mit einer verantwortungsvollen Politik nur eins: wir halten uns raus aus dem Krieg. Keine Waffenlieferungen, keine Soldaten, keine AWACs, keine Söldner, nein, nichts dergleichen. Keine Interventionspolitik rechtfertigt irgendetwas, wie man in den letzten 30, 40 Jahren sehen kann. Mit Bomben Demokratie bringen ist noch nie eine verantwortungsvolle Handlungsweise gewesen.
Das einzige, was mE nach angemessen wäre und auch aus humanitären Gründen zwingend erforderlich ist, ist der Zivilbevölkerung helfen. Malteser, Rotes Kreuz, Blauhelme, meinetwegen auch Katastrophenschutz und THW. Den Menschen helfen, für grundlegende Versorgungsgüter sorgen, Kranke, Schwache und Verletzte raus aus dem Kampfgebiet, ansonsten "sichere Zonen" im Land einrichten. Das sind dann eben mit der Ukraine und Russland abgesprochene Bereiche, in denen Flüchtende einen sicheren Hafen finden können.
Allerdings sollte dann auch das Kriegsrecht geachtet werden: wer auf die Idee kommt, ein Rotkreuz-Lager zum geheimen Waffendepot und Aufmarschgebiet zu machen, darf sich nicht wundern, wenn die Russen dann angreifen ...

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