Sinerider schrieb am 07.06.2023 14:37:
Die komplett widerlegte neoklassische VWL geht davon aus, dass die Leute in einer Rezession weniger Geld in der Tasche haben, daher weniger Güter nachfragen und daher dann die Unternehmen die Preise senken. Klassisches Angebots-/Nachfrage-Modell.
Das wird nicht gutgehen. Eine Volkswirtschaft kann lange Zeit mit einer hohen Inflation leben, wie das aktuelle Beispiel der Türkei zeigt. Mit einer rezessiven Abwärtsspirale aber nicht.
Übrigens: Der Leitzins ist für die Kreditzinsen irrelevant. Die Banken gehen, sofern es die Konkurrenzsituation zulässt, nach einer einfachen Formel vor: Nominalzins = Realzins plus erwartete Inflation.
1.) Was ist an der neoklassischen Theorie widerlegt? Die ist - ebenso wie Keynes - nur ein Idealmodell eines Marktes und hat daher gar nicht den Anspruch, alles erklären zu wollen. Abgesehen davon ist das Stand von vor über einem Jahrhundert.
2.) Ob es zu einer rezessiven Abwärtsspirale kommt wissen wir noch nicht. Die Kreditvergabedaten deuten zumindest auf einen weiteren Abwärtstrend für das nächste Jahr hin, darüber hinaus kann keine Aussage mit statistischer Gewissheit getroffen werden.
3.) Dein Modell für den Leitzins wie auch die Berechnung der Kreditvergabe von Banken ist naiv, um es freundlich auszudrücken. Der Leitzins spielt eine sehr große Rolle, die Kreditlinie liegt eigentlich immer darüber. Die einzige Ausnahme war kurz nach der Finanzkrise im Jahr 2008, als lieber Geld bei der EZB gebunkert wurde anstatt es zu verleihen (was am Marktversagen zu dem Zeitpunkt gelegen hat).
Neben dem Nominalzins wie auch der erwarteten Inflation spielen auch so Dinge herein wie etwa Rückzahlungs/Ausfallwahrscheinlichkeit, Bonität, bisherige Geschäftsberichte, Bilanzierung, Branche, usw. usf. Mal ganz abgesehen davon, dass Banken verschiedene Geschäftsmodelle haben und du wohl kaum sowas wie die SVB mit der DB oder der Ing vergleichen kannst.