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  • kulinux

mehr als 1000 Beiträge seit 29.01.2001

Re: Ein paar Korrekturvorschläge zum Text…

XavierS schrieb am 03.02.2022 12:23:

kulinux schrieb am 25.01.2022 14:57:

Nein. Es gab Juden- inkl. später dann auch Christenverfolgung im römischen Reich schon bevor die Christen auftauchten bzw. eine nennenswerte Rolle spielten: Da die Juden als einzige Religion den Kaiserkult offen ablehnten (noch das angeblich auslösende Motiv in vielen "Märtyrer"-Geschichten der Christen), waren sie eine Gefahr für das "Staatswohl" und wurden immer dann "aus dem Schrank geholt", wenn es darum ging, den Volkszorn auf eine – wegen ihrer selbst propagierten – Abgrenzung gegen alle anderen Einwohner und Bürger des Reiches zu lenken und nebenbei auch deren Besitztümer einzukassieren, die ein chronisch klammer Staat/Kaiser immer gut gebrauchen konnten.
Es gab staatlicherseits auch fast nie eine Differenzierung zwischen Juden und Christen, die einfach als eine weitere von sehr vielen jüdischen Sekten angesehen wurden: Die meisten "Christenverfolgungen", auf die die Kirche sich heute noch beruft, waren de facto Judenverfolgungen – nur in sehr wenigen Fällen (so ca. 3, auf jeden Fall weniger als 10 insgesamt) werden die Christen als Teil der Verfolgten überhaupt ausdrücklich erwähnt!

[Zum Folgenden]
Ojee, wo soll man da anfangen? Es scheinen ja wirklich grundlegende historische Kenntnisse zu fehlen, aber ich versuch's mal:

Sie Experte können mir sicher verraten, woher Sie diesen Unsinn haben, oder ?

Sie "Ober-Experte" wollen jetzt aber von mir nicht eine Bibliographie zur Geschichte des Alten Roms und insbesondere der frühen Kirchengeschichte samt ihrer propagandistischen Instrumentalisierung durch die Kirche und der Kritik daran haben, oder? Und nein: Auf die kirchenoffiziellen "historischen" Machwerke dazu kann man sich gerade NICHT verlassen! … so wie Sie es anscheinend tun! Sie können ja mal mit Frank Kolbs "Rom – Geschichte der Stadt in der Antike" anfangen und dann gern die NUR auf offiziell anerkannten kirchlichen Dokumenten basierende "Kriminalgeschichte des Christentums" von Karlheinz Deschner heranziehen … Jaja, alles Verschwörungstheorien, nicht wahr? Vor allem die Geschichten von den Straßenkriegen der christlichen Sekten in der Stadt Rom selbst, ihren gegenseitigen Denunziationen bei der Verwaltung und beim Kaiser (gern mit dem Argument, die Denunzierten seien ja immer noch "Juden" und also nicht "kaisertreu" …) und ihre regelrechten Kämpfen um die Erbschaften reicher Witwen, die ein ganz besonders beliebtes Ziel der "christlichen" Erbschaftsjäger waren – ein Umstand, über den das restliche Rom mit Belustigung spottete und gelegentlich mit Wut darauf reagierte!

Armenier zählen zu den ältesten Christen der Welt, aber sie sind udn waren nie Juden oder Hebrärer.

Also, erstmal zur historischen Einordnung: Wir reden hier / ich rede in meinem Beitrag von der frühen Kaiserzeit, inkl. Caesar und vielleicht bis Anfang das 4. Jahrhunderts, als durch Konstantins "Toleranzedikt" das Christentum offiziell den anderen Religionen gleichgestellt wurde. Die erste historische Erwähnung armenischer Christen um 197 fällt zwar noch in diesen Zeitrahmen, aber das ist eben auch der historische Abschnitt, wo zunehmend zwischen Christen und Juden unterschieden wurde, die Christen also – wegen der Bekehrung unter den Nicht-Juden – auch von ihren Gegnern nicht mehr als (ausschließlich) jüdische Sekte angesehen wurden, die sie mindestens bis Beginn des 2. Jh. noch fraglos waren. Paulus' Argumentationen zur Taufe der Nichtjuden kann man nicht einmal als verlässliche Quelle für entsprechende Einstellung unter den Juden selbst heranziehen, weil sie mit ziemlicher Sicherheit erst lange nach seinem Tod "redigiert" wurden…

Aber selbst die wurden verfolgt.

… und zwar aus demselben Grund wie die Juden, von denen sie den ausschließlichen, d.h. auch: andere ausgrenzenden Monotheismus übernommen hatten: Sie weigerten sich, die anderen im Römischen Reich verehrten Götter und insbesondere die nach ihrem Tod "vergöttlichten" Kaiser zu verehren – das war eine Grundvoraussetzung für die Beherrschung des Vielvölkergemischs im Reich!! – oder diesen "Göttern" gar zu opfern. Also, auch in diesem Punkt dürften selbst die Armenischen Christen für Außenstehende und insbesondere für die Verwaltungsbeamten des Reichs als störrische Sonderlinge (von "sich absondern") und Störenfriede sowie als Tribut/Steuerverweigerer erschienen sein … ganz egal, welches "Update" des jüdischen Glaubens sie nun für sich gerade akzeptierten oder nicht = ob sie Juden oder Christen waren. Und "Christen" war damals ein weitreichendes Sammelsurium sektiererischer Selbstbezeichnungen, wozu zweifellos sowohl Gemeinden gehörten, die nur Juden als Mitglieder akzeptierten = jene, die Paulus zu überzeugen versuchte, auch Nicht-Juden zu taufen. Das war also sogar die herrschende Meinung unter den frühen Christen, sonst hätte "Paulus" bzw. seine Ghostwriter das nicht zum Thema gemacht!

Auch einige christliche Gemeinden in griechenland zum beispil Athens zählen zu den Ältersten. Wollen Sie mir etwa weissmachen sie alle wären Juden gewesen?

Wollen Sie etwa behaupten, dass auch nur EINE EINZIGE dieser frühen christlichen Stadtgemeinden NICHT DORT entstanden wäre, wo es auch – natürlich sicher nur ganz zufällig? – schon jüdische Gemeinden gab?
guggstu https://de.wikipedia.org/wiki/Juden_in_Rom
In Rom gab es gegen Ende des 2. vorchristlichen Jahrhunderts bereits eine jüdische Gemeinde, wie in allen anderen, zumindest den größeren und d.h. immer auch: Handelsstädten des Reiches auch. Und nein: Es ist kein antisemitisches Klischee, sondern Folge der laut Talmud erlaubten Berufe, dass Juden als Händler tätig waren und in dieser Funktion – man höre und staune! – sogar Niederlassungen in Handelsstädten außerhalb Palästinas betrieben und sich demzufolge dort ansiedelten.
Und sie – die frühen Christengemeinden – entstanden nicht nur in denselben Orten, sondern INNERHALB dieser jüdischen Gemeinden, weil anfangs NUR JUDEN Zugang zu dieser jüdischen Sekte hatte, die behauptete, der angekündigte "Erlöser" = "Messias" sei gekommen und wie ein Dieb am Kreuze gestorben.

Sie lesen zu viel israelischer Propaganda!

Wenn Sie meine israelkritischen Kommentare hier kennen würden (wobei die meisten vermutlich gesperrt sind), würden Sie erahnen, was für eine Beleidigung das darstellt!
Ganz abgesehen davon, dass mir kein Beispiel dafür einfällt, dass die heutige israelische "Propaganda" die Geschichte des frühen Christentums für sich zu vereinnahmen versuchte. Aber Sie dürfen gerne eins liefern. Ich lese die dann gern aus Interesse … zum ersten Mal!
*kopfschüttel*

Ich möchte Sie außerdem noch daran hinweisen, dass auch die Aramäischen Christen zu den ältesten Christen der Welt gezählt werden.

Gröhl … vielleicht … weil ein gewisser Joshua ben Josef aus der Aramäisch sprechenden Bevölkerungsgruppe Palestinas stammte und Zeit seines Lebens vermutlich nicht einmal eine andere lokale oder gar "internationale" Sprache wie Hebräisch, Latein, Griechisch beherrschte? Dass sein "Vater (im Himmel)" höchstselbst Griechisch nur rudimentär beherrschte – trotz seiner "Allmacht" – kann man noch heute jedem Satz der Septuaginta entnehmen, die ER ja höchstselbst 70 verschiedenen Gelehrten parallel und gleichzeitig in die Feder diktiert haben soll …
*lach*

Aber schon in der Antike wurden die Aramäer nicht zu Juden gezählt. Sie waren eine eigene unabhängige Ethnie...

Sie verwechseln Religionszugehörigkeit mit ethnischer: Ihnen ist aber schon bewusst, dass es im Judentum ganz offiziell verschiedene "Stämme" gab, die jeder auch ihren eigenen lokalen Dialekt sprachen? Das Hebräisch der Bibel ist – wie das moderne – quasi eine Kunstsprache, nämlich die der Jerusalemer Priesterkaste, deren Nachfahren noch heute (nicht nur) in Jerusalem meist als streng Orthodoxe leben … und ironischerweise mit den alteingesessenen palästinensischen Nachbarn (Muslimen wie Christen) genetisch näher verwandt sind als mit den meisten anderen Juden in Israel und weltweit.
Wenn Sie das AT kennen würden, wüssten Sie, dass ursprünglich die Zugehörigkeit zum "Judentum" = damals eher: Stammesglaube einiger (eingewanderter) Bevölkerungsgruppen (und zwar eher der Ärmeren, da Ziegenhirten) in Palästina noch ohne Weiteres durch Übertreten = Anbeten des "richtigen" Gottes erworben werden konnte, also nicht (nur) innerhalb einer ethnisch homogenen Stammesgemeinschaft vererbt wurde, die zudem in der Regel schon deshalb nicht homogen sein konnte, weil sie ihre Frauen aus anderen Stämmen eintauschte oder durch Raub bezog…

Es waren wohl eher die Juden die alles ablehnten und offen gege alles feindlich gesinnt waren,

Waren sie nicht. Sie verhielten sich im Gegenteil außerhalb Palästinas eher auffällig ruhig, wollten aber eben nur (in ihren militanteren, von der Jerusalemer Priesterschaft aufgestachelten Teilen) die – auch – religiöse Oberhoheit der Römer nicht anerkennen. Solange bspw. die Juden in Rom ihren Glauben unauffällig praktizierten und schon gar nicht "heidnische" Gottesdienste und Tempel überfielen und plünderten (wie das später gern die "Christen" taten, auch und ganz besonders gern bei ihren Glaubensbrüdern …), solange wurden sie von der römischen Verwaltung auch in Ruhe gelassen … falls sie ihre Steuern zahlten. Dass sie aufgrund ihrer freiwilligen Absonderung von anderen religiösen und ethnischen Gruppen und bestimmter seltsamer religiöser Bräuche, die eher als "unangenehm" angesehen wurden (Beschneidung, anyone?), bei ihren nicht-jüdischen Mitbürgern nicht sonderlich beliebt waren (und auch der Übertritt zumindest für Männer aus selbigem Grund nicht sehr attraktiv erschien…) und daher leicht von Kaiser und Verwaltung als "Prügelknaben" und "Sündenböcke" herausgegriffen werden konnten, wenn es mal wieder galt, dem Volk einen solchen zu präsentieren, um politisch abzulenken und durch Plünderungen oder Sonderabgaben die Staatskasse aufzubessern (woran sich auch damals die Nachbarn schon gern per "Abzweigung" … wie - nur als Beispiel – die deutschen "Christen" in ihrer Nächstenliebe zwischen 1933-45 … beteiligten), das ist kein "Antisemitismus", sondern einfach eine Folge des Rechts des Stärkeren: Die ehemals jüdische Sekte "Christentum" hat es später genauso gehandhabt, als sie Zugriff auf die militärische Staatsmacht hatte oder auch nur schon den Kaiser zu "lenken" verstand. Eine Konstante jüdisch-christlicher Geschichte von Konstantin (pun intended) bis heute.

was nicht nach ihrer Pfeife tanzte. Sogar die Samaritaner wurden schon in der Antike von den gläubigen Juden offen angefeindet.

Ja, dass die jüdischen "Stämme" untereinander und erst recht die "Hebräer" gegenüber ihren nichtjüdischen Nachbarn nicht sehr zimperlich miteinander umgegangen sind – immer unter der Parole, die wahren Vertreter der wahren Interpretation des wahren Willens ihres wahren Gottes Jehova (und seiner irdischen Vertreter = der Jerusalemer Priesterschaft) zu sein, ist ja nun der Leitfaden, der sich durch das Alte Testament zieht.
Es dürfte leichter sein, einen Stamm oder eine Religionsgemeinschaft zu finden, mit denen "die Juden" (= natürlich nur die "echten" in der Interpretation des Talmud und der sich daran anschließenden Bibel) NICHT im Clinch gelegen hätten … oh, es ist noch einfacher: Es gibt sie gar nicht!

Die Juden betrachteten schon damals in der Antike die Samaritaner nicht als Teil ihrer jüdischen Gemeinde...

Jajaja, und ihre jüdischen und später christlichen "Brüder und Schwestern" auch nicht, sobald sie – aus Sicht der Jerusalemer Priesterschaft oder dann der diversen Christen-Sekten – "vom wahren Glauben" abgefallen waren … oder es einfach darum ging, sich deren Eigentum und ggf. prosperierendes Gemeinwesen = deren Stadt/Ort/Land/Ländereien unter den Nagel zu reißen.
Denn schon immer galt (nicht nur für das Christentum) das Diktum K. Deschners:
"Das Wichtigste an der Erlösung ist der Erlös."

So, ich hoffe, ich konnte helfen …

Edit: typos und Präzisierungen

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (03.02.2022 17:02).

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