Das erklärte Ziel der Energiewende ist, die gesamte Energieversorgung Deutschlands (Strom, Verkehr, Heizen und Prozesswärme) auf Windkraft und Solar umzustellen (Biomasse und Wasserkraft sind nicht ausbaufähig), nicht nur den Stromsektor.
Da Windkraft und Solar dargebotsabhängig sind und ihre gesicherte Leistung bei nahezu Null liegt, müssen dargebotsunabhängige Kraftwerke den Strom liefern. Da bleiben nur noch Gaskraftwerke. In der Übergangsphase mit Erdgas betrieben und später mit Wasserstoff aus Elektrolyse.
Zwingend notwendig ist also für die Übergangszeit ein massiver Ausbau von Erdgaskraftwerken (Wasserstoffkraftwerke müssen erst noch entwickelt werden). Diese Kraftwerke müssen in der Lage sein, bei Dunkelflauten den überwiegenden (wir haben ein wenig Strom aus Biogas und Wasserkraft und noch sind nicht alle Kohlekraftwerke abgeschaltet) Teil des Strombedarfs von Deutschland zu decken.
Dadurch steigt der Bedarf an Erdgas während der Übergangszeit ("Spezialperiode" *g*) massiv an.
Aber während der Übergangszeit will man auch Erdgas, das zum Heizen und als Industrierohstoff (Stahl- Beton und Düngemittelindustrie) benötigt wird, sukkzessive durch Strom ersetzen. Das könnte den Erdgasverbrauch theoretisch senken, aber wahrscheinlich wird das Gegenteil der Fall sein. Denn die Energie des Erdgases, das heute zum Heizen und für die Industrie benötigt wird, wird mit hohen Wirkungsgraden von z.T. 90% umgesetzt. Wenn diese Anwendungen aber auf Strom umgestellt werden und ein nicht unerheblicher Teil des Stroms aus Gaskraftwerken mit Wirkungsgraden zwischen 40 und 60%* erzeugt wird, ist das energetisch unsinnig.
Mal ein paar Zahlen zum Vergleich, wie das heute ist: der Gesamtenergieverbrauch Deutschlands beträgt rund 2.500 TWh pro Jahr. Davon machen allein Strom rund 500 TWh und Erdgas rund 1.000 TWh aus.
Der Verbrauch von Erdgas wird also in der Übergangsphase der Energiewende stark steigen. Und wir bekommen nicht einmal ohne Krieg eine stabile Erdgasversorgung hin (siehe fast leere Gasspeicher). Und Erdgas ist für die Übergangsphase unverzichtbar: ohne Erdgas keine Energiewende.
Nun aber entledigen sich die gleichen Politker, die die Energiewende vorantreiben wollen, sich ihres wichtigsten und günstigsten Gasversorgers und ersticken ihre eigene Energiewende selbst. Sie sägen also an dem berühmten Ast, auf dem sie selbst sitzen.
Das ist aber nicht das größte Problem für Deutschland. Rational gesehen müsste ein sofortiger Stopp der Abschaltung dargebotsunabhängiger Kraftwerke erfolgen, um die Energieversorgung Deutschlands, die zu den effizientesten der Welt gehört(e), sicher zu stellen. Das wird aber aus ideologschen Gründen wahrscheinlich nicht geschehen.
Somit haben nicht nur keine Energiewende mehr, sondern Deutschland bewegt sich schnell in Richtung Schwellenland, was seine Energieversorgung an geht.
* Kleiner Exkurs: es gibt zwei Arten von Gasgroßkraftwerken: Gasturbinen- und Gas- und Dampfkraftwerke. GT haben relativ geringe Investitionskosten, aber mit einem Wirkungsgrad von 40% relativ hohe Betriebskosten (Gas ist teuer). Allerdings können sie ihren Strom teurer verkaufen, weil sie hohe Lastgradienten haben. GuD-Kraftwerke haben sehr hohe Investitionskosten (aber immer noch deutlich niedriger als Kohlekraftwerke), durch ihren hohen Wirkungsgrad von 60% aber geringere Betriebskosten. Dafür haben sie aber keine sehr hohen Lastgradienten.
Damit sich die Kraftwerke amortisieren, brauchen GT-Kraftwerke viel weniger Vollaststunden als GuD-Kraftwerke. GT-Kraftwerke setzt man eher in der Spitzenlast und GuD-Kraftwerke eher in der Mittellast ein. Es kommt also auf einen "gesunden" Mix an.
Die Energiewende wirft das aber über den Haufen, weil dann Gaskraftwerke zunehmend immer mehr Grundlast tragen müssen. Das ist schon beim relativ teuren Erdgas eine teure Angelegenheit. Wenn sie aber künftig mit Wasserstoff befeuert werden, gehen die Preise durch die Decke.