Pnyx (1) schrieb am 30.01.2024 18:02:
Alle haben es nun verstanden - wenn man mit Traktoren im eigenen pekuniären Interesse die Republik lahmlegt, ist das ganz in Ordnung und man wird noch vom bayrischen Ministerpräsidenten belobigt. Dann redet auch niemand von aufgehaltenen Ambulanzen etc.
Wer hingegen wegen Klimagedöns selbstlos auf ein, zwei Strassen herumlümmelt, macht sich ganz fest strafbar, ja betreibt eine Art Terrorismus.
Deutschland ist das Land der Dichter und Denker, ein Land, in dem Rationalität in höchsten Ehren steht, wie man unschwer erkennen kann.
Das ist ziemlich fabuliert...
Die Bauern, die heute morgen die A81 blockiert haben mit ihren Treckern, die kriegen wohl laut Radio nun alle eine Anzeige dafür, dass sie mit dem Trecker auf die Autobahn gefahren sind. (Kostet allerdings auch nur 20€). Allerdings ist da niemand gefährdet worden, es wurden explizit Rettungsgassen gebildet, die Autobahn wurde auch nicht vollständig blockiert von den Bauern - das hat die Polizei dann schon selbst gemacht, die hat die Autobahn teilweise direkt gesperrt um die Trecker (die meist auf der rechten und der mittleren Spur gefahren sind) an der nächsten Notausfahrt dann auszuleiten. Es gab auch keinen direkten Widerstand gegen Polizisten oder deren Anweisungen. Von daher wird es auch wohl keine Anzeige wegen Nötigung o.Ä. geben. Und eigentlich war da nur ziemliches Chaos auf der Autobahn, weil die Trecker eben auf dem Weg nach Stuttgart eher gemütlich langsam auf 2 Spuren gefahren sind, mitten im Berufsverkehr, ging eben nicht schneller, weil manche Trecker nun mal keine 40 km/h schaffen.
Zu potentiellen Terroristen werden die AktivistInnen der letzten Generation nebenbei nicht durch das sich-ankleben irgendwo. Das sind allenfalls kleine Nötigungen. Problematischer sind die die Sabotage-Aktionen an Ölraffinerien und das Blockieren der Föderbänder eines Kraftwerks, bis das runter gefahren werden musste - und nicht zuletzt das Erstürmen des Flugfeldes auf mehreren Flughäfen. Letzteres ist eben potentiell ein "gefährlicher Eingriff in den Flugverkehr" und das Sabotieren von Pipelines und Raffinerien und das Lahmlegen von Kraftwerken ist eine "Störung öffentlicher Betriebe". Und wer eine Vereinigung gründet um selbiges zu machen, der kann eben auch wegen "Bildung einer terroristischen Vereinigung" (§129a) verfolgt werden.
Dass die letzte Generation die Anklebe-Blockaden nun aufgibt ist IMHO auch aus aktivistischer Sicht höchst sinnvoll, denn das "Märtyrer Spielen" mag zwar bei Event-orientierten Teenagern mit Lust auf einen Adrenalin-Kick gut ankommen, aber man kann sich mit so was auch mal gehörig das Leben versauen. Und es kommt vor allem in der Bevölkerung eben nicht gut an. Dieses Prinzip des "die hässliche Seite des Staates zeigen, dann steht das Volk sicher auf gegen den Staat" hat schon bei der RAF so ganz überhaupt nicht funktioniert (und da hat der Staat die Maoisten und ihre Unterstützer noch viel hässlicher behandelt als er die Klima-Aktivisten derzeit behandelt). Nebenbei sind solche Aktionen wie "Flughafen blockieren" auch gern mal ein Schlag ins Kontor der "Kriegskasse" - denn da kommt es am Ende nicht darauf an ob die letzte Generation (bzw. die Aktivisten) da irgendwie Schadenersatz zahlen wollen oder nicht, wenn das auf eine Klage raus läuft (wird es wahrscheinlich..), dannmüssen die zahlen. Und wenn sie nicht zahlen können, dann wird das auch mal schnell zur Kontopfändung bis ans Lebensende. Denn 150 000€ haben wohl die wenigsten mal eben über - und die "Privatinsolvenz" mit Schuldenfreiheit nach ein paar Jahren ist hier eben leider nicht möglich - weil es eine absichtlich begangene Straftat war.
Jetzt müssen die Aktivisten nur noch so schlau werden und nicht die nächste Dummheit machen (wie etwa Brandenburger Tor versauen mit oragener Farbe), denn das kostet erstens Geld (Schadenersatz), zweitens bedeutet es gern mal Knast wegen einer weiteren Gemeinschädlichen Straftat, drittens bringt es die Bevölkerung und die Politik gegen die Aktivisten auf. Und nein, Bilderstürmereien in Museen sind ebenso wenig sinnvoll.
Dabei gibt es doch wirklich so viele Aktionsformen, mit denen man auf sich aufmerksam machen kann. Ohne sich das Leben zu versauen und ohne dass man sich da gleich wegen 129a angreifbar macht, so dass Polizei und Verfassungsschutz da nicht mal ganz einfach Telefone abhören und Computer verwanzen dürfen.
Wobei - das ist eigentlich eh schon verkackt, der Staatsschutz und das LKA haben vermutlich dank der Aktionen an den Pipelines und dank der Aktionen an den Flughäfen schon lange "das Große Besteck" zur Hand und dürfen nach Lust und Laune abhören und schnüffeln.
Und dabei wäre es doch so einfach gewesen mal eben einen ganzen Flughafen lahm zu legen für Stunden, selbst mit nur ein paar wenigen Aktivisten - ohne dass es gleich ein direkter Eingriff in den Flugverkehr gewesen wäre, wenn man denn schon bereit war hier ein paar Straftaten zu begehen. Aber zwischen einem Hausfriedensbruch mit einem Missbrauch von Notrufen und mit einer einfachen Sachbeschädigung und zwischen einem gefährlichen Eingriff in den Flugverkehr gibts eben schon noch einen Unterschied. Im ersten Fall kriegst du "Bis 1 Jahr Knast" - im 2. Fall ist dir die Vorstrafe im Führungszeugnis sicher. Da kommst du mit "nicht unter 6 Monaten" in die Verhandlung.