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  • archenoe

mehr als 1000 Beiträge seit 05.02.2004

"Humankapital" - *variables Kapital*

Wie wäre es, wenn "Humankapital" wieder so benannt würde, dass der
Begriff bereits in eine analytische Richtung weist, die ermöglicht,
es von anderen Kapitalsorten zu unterscheiden.

"Humankapital" ist *variables Kapital* im Gegensatz zum konstanten
Kapital (in der VWL meist als Sachkapital bezeichnet). Es ist
variabel, weil es die dem Menschen eigene Arbeitskraft ist. Diese
kann schnell oder langsam, präzise oder ungenau, kreativ oder
repetitiv usw. vom "Arbeitskraftbesitzer" angewendet werden. Sie kann
auch geschult und weiterentwickelt werden. Der Arbeitskraftbesitzer
kann also sowohl den Gebrauchswert seiner Arbeitskraft als auch den
(Tausch-)Wert seiner Arbeitskraft erhöhen, letzteren weil in der
Arbeitskraft nach Fortbildung, Weiterbildung etc. mehr Wert als
vorher steckt und die Reproduktionskosten zur Erhaltung sowohl des
Gebrauchswertes als auch des (Tausch-)Wertes nach der Wertsteigerung
ebenfalls laufend höher ausfallen als vorher.

Außerdem und andererseits kann sie für den Zeitraum ihrer Ausbeutung
- nun aus Sicht derjenigen, die sie kaufen, weil sie an ihrem
Gebrauchswert interessiert sind, also aus Sicht der Kapitalbesitzer
und -manager - unterschiedlich entlohnt werden, weil die zu ihrer
Reproduktion nötigen Mittel im Wert schwanken, weil der Lohn Ausdruck
eines gesellschaftlichen Verhältnisses zwischen Kapitalbesitzer und
-nichtbesitzer ist, demnach also die Reproduktionskosten eine je nach
wirtschaftlicher, aber auch gesellschaftlicher und politischer Lage
auszuhandelnde Größe darstellen (deren Grenze nach unten allerdings
durch die Reproduktion als Voraussetzung der Arbeitskraft bzw. des
variablen Kapitals festgelegt ist: die Arbeitskraft ist Teil des
lebendigen Menschen - (Über-)Leben ist demnach die absolute
Grundvoraussetzung der Reproduktion der Arbeitskraft).

Aktuell (mindestens seit 20 Jahren in besonderer Schärfe) kann man
sehen, was das für das variable Kapital bedeutet. Da es der einzige
Faktor im Prozess des Wirtschaftens ist oder anders formuliert, weil
variables Kapital/Arbeitskraft die einzige Ware ist, die während sie
verbraucht wird, Werte *schafft* und nicht nur wie z.B. Maschinen
Werte überträgt, kann aus dem variablen Kapital mehr oder weniger
Wert gezogen werden. Ziel ist selbstverständlich ein größerer
Mehrwert, indem z.B. der Lohn gedrückt wird oder die Arbeitszeit bei
gleichem Lohn verlängert wird = absolute Mehrwertsteigerung oder
indem der Arbeitsprozess bei gleicher Arbeitszeit und gleichem Lohn
verdichtet/beschleunigt wird = relative Mehrwertsteigerung.

In Deutschland z.B. hat das zu Niedriglöhnen, Prekarisierung und
Pauperisierung erheblichen Ausmaßes geführt. Immerhin leben die
Arbeitskräfte aber noch. Ausrangierte Arbeitskräfte hingegen werden
auf minimale Lebensfunktionen zurückgeworfen. Gehungert wird *noch*
wenig in Deutschland, in den USA schon mehr, von den "abgehängten"
Gebieten, den so genannten Entwicklungsländern ganz zu schweigen. 

Klar, für dich sind solche Erklärungen linkes Teufelswerk.

Aber ich habe das hier auch nicht für dich geschrieben, sondern für
mich und die Leser, die geneigt sind, *hinter* das Marktgeschehen zu
blicken, also den Produktions- und nicht nur den Distributionsprozess
zu analysieren.  

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