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  • Twister2009

mehr als 1000 Beiträge seit 16.01.2009

Klischees und die innere Leere

Sicher, es sind nur drei Beispiele, aber sie zementieren eigentlich
doch eher Klischees, als dass sie jetzt wirklich zum Nachdenken
anregen, finde ich.
Ausgesorgt hat Franz nicht, ihm kann immernoch sonstwas als tolle
Chance verkauft werden und er darf dann beim Callcenter alten Omas
den DSL-Anschluss aus der Tasche leiern, sonst gibt es kein ALG II
mehr.

Ausgesorgt hat er insofern nur solange, wie es dann die
Rechtsprechung möglich macht, dass er dank Sohnemann gegen die
Bescheide erfolgreich ist, sonst steht er mit ein paar
Penny-Markt-Lebensmittelgutscheinen da.

Der Vermieter hat zwar Mieteinnahmen, aber auch nur solange wie sich
nichts verschiebt und seine Gebäude leerstehen. Dann sieht es mau
aus.

Der "Obere" hat zwar momentan sein Luxusleben noch, kann aber, siehe
Zypern, auch auf die Nase fallen - die Zeiten des "Ausgesorgthabens"
sind vorbei, sicher ist wenig.

Davon abgesehen erscheinen mir letztendlich alle drei Beispiele
seltsam hohl da lediglich auf das Finanzielle beschränkt - der eine
würde so gerne einen Laden eröffnen, aber da es keinen finanziellen
Anschub gibt, kann er das nicht, schnueff schnuff. Da bestünde die
Möglichkeit, sich mit anderen zusammenzutun und was zu reißen, wenn
es einem so wichtig wäre.

Der Mittlere giert nach einem Job, der dem früheren gleichkommt und
der Letzte muss auch immer noch hier spekulieren, dort spekulieren,
rumreisen usw und es wirkt so als würde er dies nicht tum um es zu
genießen, sondern weil er es nicht mehr gewohnt ist, sein Leben
anders zu genießen.

Klar, ich mache mir jeden Tag Sorgen darum wie es auch finanziell
weitergeht, aber im Vergleich zu gesundheitlichen Sorgen sind das für
mich eher Pillepallesorgen. Sie bedrücken, ja. Aber was nutzen mir
die plötzlichen Millionen, wenn vielleicht die nächste Untersuchung
bringt, dass ich demnächst doch wieder mich daran gewöhnen muss, dass
ich nicht mehr gehen kann, sondern auf einen Rollstuhl oder Krüchen
angewiesen sein werde? Was hilft mir der Scheck für die nächste
Reise, wenn ich doch wieder allein wäre und mich einsam fühlte bis
zumgehtnichtmehr?

"Ausgesorgt" im finanziellen Sinne habe ich nicht, ganz im Gegenteil
- jeden Tag heißt es: wie geht es weiter? Mal sollten Artikel
geschrieben werden und ich schaffe es nicht, also wieder kein Geld;
mal werden die geschrieben und ich finde sie zu schlecht und sie
werden nicht abgeschickt; mal gibt es keine Themen, mal geht es mir
gesundheitlich zu schlecht (ziemlich oft) und ich kann zwar gerade
noch hier im forum was schreiben, aber für einen ausformulierten
Artikel reicht es nicht usw.

Aber dafür kommt jeden Abend irgendwann mein Mann nach Hause und
selbst wenn er auch seinen Job verlieren würde und wir dann irgendwo
bei den Nachbarn unterkämen und wenig bis nichts mehr hätten, so wäre
er doch da um mir jeden Tag das Gefühl zu geben, die tollste Frau der
Welt zu sein, wenn er mich umarmt, geht die Sonne für mich in meinem
Innern auf und ich weiß auch, dass er mich nie betrügen würde und er
immer ehrlich zu mir ist und wenn ich sein Herz klopfen höre, dann
fühle ich mich geborgen. Das ist für mich ein Gefühl des
"Ausgesorgt"habend - das Gefühl hat aber mit Geld nichts zu tun und
wenn ich sommers draußen sitze, ein Glas Wein und etwas Käse neben
mir, die Sonne scheint mir auf die gefärbten Haare und die Vögel
plärren und die Katzen schnurren und die Blumen duften, dann habe ich
das Gefühl "ausgesorgt" zu haben, wobei dieses Gefühl nur dann
vollständig ist, wenn auch mein Mann da ist. Auch ohne den Garten
wäre es einfach da - dank meines Mannes, aber abseits des
Finanziellen. Ohne Geld ist alles Nichts, ja. Aber Geld ist nicht
alles, der Job auch nicht. 

Der eine trauert den Geldverlusten nach, der andere stellt nichts auf
die Beine weil er meint, ein anderer müsste ihm erst Geld geben, ohne
dass er es mal ohne versucht und der andere hält es zuhause nicht aus
- alles arme Töpfe.

Ich hab´s wegen diverser Schmerzen wieder nicht geschafft, was
Sinnvolles als Artikel einzureichen, wovon der nächste Einkauf
gezahlt wird steht in den Sternen, die Klamotten sind alles
Billigware... aber mein Zuhause ist das Schönste der Welt und es ist
ein inneres Glück vorhanden. Das scheint langsam aber eher zur
Seltenheit zu werden.

Das ist nicht esoterisch gemeint, mir ist klar, wie stark gerade
finanzielle Probleme einen belasten, aber immer öfter scheint es mir
so als würden viele Menschen nur noch dies im Blick haben - wie kann
ich was verdienen? Wie bekomme ich mehr oder so viel wie früher?
Wieso habe ich so viel weniger als früher usw?
Das scheint wirklich für viele der Dreh- und Angelpunkt zu sein, ohne
dass sie, selbst wenn sie, wie der Herr "in der Mitte" ja Geld haben
oder wie Richard wirklich Geld haben - zufrieden oder gar annähernd
glücklich ist da wohl keiner.


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