Diese armen, unschuldigen Geheimdienste, die Anschläge zwar nicht verhindern können, aber kurz danach tolle „Beweise“ liefern, dass der Feind dahinter stecke. Nach 9/11 lieferte der CIA schnell eine Geschichte ab, dass man die Al-Qaida-Leute zwar habe nicht aufhalten können, man habe aber überall jetzt deren Pässe irgendwo an verdächtigen Orten rumliegend gefunden und wisse nun venau, wer es war. Nach Skripals Nowitschok-Übelkeit lieferte der MI6 tolle Bilder von russischen Tätern an Grenzübergängen und jetzt liefert der FSB sehr schöne Aufnahmen von der angeblichen Täterin kurz danach. Auch hier: Angeblich keine Chance, den Anschlag zu verhindern, aber jetzt wisse man ganz genau, wer es war. Sorry, wer die Narrative der westlichen Geheimdienste kritisch hinterfragt, muss auch die Narrarive des russischen Geheimdienstes kritisch hinterfragen.
Eine ehemalige Azow-Kämpferin aus Mariupol soll also unbemerkt nach Moskau gereist sein und in das Haus von Dugina eingezogen sein, ohne dass der FSB das mitbekommen habe. Die Verdächtige soll Dugin gefolgt sein, eine Bombe am Auto angebracht haben und weder Polizei noch Geheimdienst wäre das aufgefallen? Einerseits seien die Listen der Ukraine schlimme "Todeslisten", aber dann stellt Moskau keinen Personenschutz für einen der in der Ukraine (durch dortige Propaganda) verhasstesten und damit gefährdetsten Personen?
Man muss sich schon fragen, ob der FSB kein Interesse hatte, Dugin bzw. seine Tochter zu schützen, ob sie die Vorbereitungen der Verdächtigen kannten und sie gewähren ließen oder ob sie den Anschlag selber durchgeführt haben.
Die Empörung in Russland gegen die Ukraine ist jetzt mit dem Tod der unschuldigen Tochter sicher größer als wenn der auch in Russland umstrittene Dugin selbst ermordet worden wäre. Wer hat Dugin überredet einen anderen Wagen an dem Abend zu nehmen?
Wenn man sich fragt "Cui Bono?", dann ist jetzt eine Situation eingetreten, in der die Russen auf eine weitere Eskalation in der Ukraine und mehr Todesopfer auf Seiten der Ukraine eingestimmt werden können. Dugin ist ungewollt zum Märtyrer geworden, er wird sich jetzt vermutlich radikalisieren und viele Menschen, die Mitgefühl mit der unschuldigen Tochter und dem zurückgebliebenen Vater haben, werden aus Solidarität sich jetzt vielleicht seiner Interpretation eines eurasischen Nationalismus anschließen, zumindest seine Schriften lesen. Vielleicht wurde Putin nicht so sehr durch Dugin beeinflusst, aber vielleicht kann Putin den Dugin jetzt gut als ideologischen Vordenker für sein Volk gebrauchen.
Nachdem ich gestern noch einen Anschlag durch den ukrainischen Geheimdienst für die wahrscheinlichste Erklärung hielt, halte ich die heute vom russischen Geheimdienst schnell präsentierten "Beweise" für so konstruiert, dass ich jetzt mindestens von einer Instrumentalisierung durch den FSB ausgehe.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (22.08.2022 21:28).