Mein Kommentar bezog sich auf die real existierende Wirtschaft und kommentierte aus der Sicht der real Handelnden. Aus deren Perspektive ist die Notwendigkeit, die Gesellschaft so am Laufen zu halten, dass keine die Herrschaft gefährdenden Effekte auftreten, das alles überragende Kriterium. Und daher bin ich der Meinung, dass es folgerichtig ist, Fahrräder nicht zu bezuschussen.
Ich stimme mit Ihnen völlig darüber ein, dass es andere Perspektiven, Steuerungsgrößen und Verteilungsmechanismen geben kann und, auch aus meiner Sicht, geben muss, denn ein auf permanentem Wachstum beruhendes System kann nicht stabil sein. Und Sie haben auch recht, dass das Prinzip "Arbeitsplätze" in die Irre führt, aber es ist nun einmal das historisch gewachsene Verfahren, Güter zu verteilen. In meiner Überzeugung wäre es die Aufgabe all derer, die eine bessere Alternative entwickelt zu haben glauben, auch einen Weg zu zeigen, wie die Welt vom hier und jetzt in diesen Zustand überführt werden kann. Die historischen Beispiele aka. Revolutionen haben mich (und viele andere) nicht überzeugt.
Das Problem nicht nur dieses Forums ist es, dass in Diskussionen selten unterschieden wird zwischen der Beschreibung der Realität und den daraus folgenden Schlüssen und den subjektiv gefärbten Vorstellungen und Wünschen. Auch in unserem Thread kann man das nachvollziehen.
Noch einmal kurz auf die These, die VWL sei sooo viel komplizierter als die Physik: Das Wesen der Physik ist die Suche nach den hinter den komplexen Phänomenen wirkenden Prinzipien. Dabei wird ganz bewusst von den vielfältigen sonstigen Einflussgrößen abstrahiert, die in der Praxis natürlich vorhanden sind und auch nicht vernachlässigt werden können, wenn man in der realen Welt unterwegs ist. Das trifft den Experimentalphysiker beim Aufbau jedes Experiments und noch mehr, wenn er sich in der Welt des Ingenieurs bewegt. Aber auch dort ist der entscheidende Weg zum Erfolg die physikalische Denkweise, die zu vernachlässigenden Größen zu identifizieren und zu eliminieren. In verschiedenen Gesprächen mit VWL-Ausgebildeten hat mir noch niemand überzeugend nachweisen können, dass dies in der VWL nicht möglich sein soll. Und dass aus mathematischen Gründen die Vorhersagen über die zukünftige Entwicklung der Wirtschaft nicht funktionieren können, hat Herr Genreith plausibel dargelegt. (*) Daher meine Bemerkung.
(*) Wenn es Sie interessiert, hier ein kurzes Video eines Tagungsvortrags:
https://www.youtube.com/watch?v=Q-d7HoqRAqk