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  • Logician

61 Beiträge seit 19.03.2007

Abschaffen. Unbedingt. Aber welche Privilegien?

Also von mir aus ein klares ja zur Abschaffung. Ich bin selbst Beamter und empfinde das Beihilfesystem als alles andere als ein Privilegium. Für mich überwiegen die Nachteile:
- Da ich relativ spät verbeamtet wurde und leichte Vorerkrankungen hatte, bezahle ich deutlich mehr als den Arbeitnehmeranteil in der gesetzlichen Krankenkasse. Und der Aufpreis ist auch höher als z.B. eine private Zusatzversicherung fürs Krankenhaus.
- Sollte meine Frau jemals nicht arbeiten, dann wird es richtig teuer, denn eine beitragsfreie Mitversicherung gibt es nicht. Auch meine Kinder muss ich extra absichern und selbst die 20 Prozent Restrisiko (für die Kinder gibt es 80 Prozent Beihilfe) lässt sich die PKV ordentlich bezahlen.
- Ich muss mich bei jeder Behandlung fragen, ob der Arzt jetzt mich behandelt oder sein Konto. Für die Arzt-Patientenbeziehung ist das nicht optimal. Und als gesetzlich Versicherter hatte ich nie das Gefühl nicht das notwendige zu bekommen.
- Ich muss die Rechnungen jeweils vorschießen und mich dann um die Abrechnung kümmern. Wobei die Beihilfestelle regelmäßig an Kleinigkeiten rummäkelt und die Zahlungen kürzt. Ich kann mit meiner Lebenszeit auch sinnvolleres anfangen.
- Die Leistungen sind in den meisten Punkten nicht besser als in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Klar, es gibt auch positive Aspekte. Das wesentliche ist, dass ich einfacher einen Termin beim Arzt bekomme, weil es sich für den scheinbar rentiert. Aber das finde ich eigentlich selbst nicht in Ordnung. Und die Leistungen beim Zahnersatz sind besser. Aber das war's eigentlich schon.

Ich kenne viele Kollegen, die die gesetzliche Krankenversicherung bevorzugen würden. Aber dann müsste ich den kompletten Beitrag selbst bezahlen, weil mein Arbeitgeber eben keinen Arbeitgeberanteil bezahlt. Mein Bundesland hat zwar kürzlich eingeführt, dass neue Beamte zwischen GKV und Beihilfe wählen könne, das gilt aber nicht für "Altfälle".

Warum gibt es also weiter dieses System? Weil es für den Staat (und damit für die Steuerzahler) einfach günstiger ist. Vor der Verbeamtung wird jeder vom Amtsarzt auf Herz und Nieren geprüft. Ist man nicht gesund, wird man nicht verbeamtet (davon können Privatfirmen zum Glück nur träumen). Deshalb ist es für den Staat einfach günstiger nur die Krankheitskosten dieser Auswahl zu bezahlen und sich nebenbei noch die im GKV-Beitrag enthaltene soziale Umlage zu sparen. Wenn Sie also gerne höhere Steuern bezahlen wollen, dann nur zu. Seien Sie für eine Bürgerversicherung. Mir soll es recht sein. Ich bin auch dafür. Niedrigere Kosten, nahezu identische Versorgung und nie mehr Beihilfeanträge stellen. Aber stellen Sie doch bitte die Neiddebatte ein. Privilegien sind das nicht. Da werden sie nur gegen die Beamten aufgehetzt um von anderen Problemen abzulenken.

P.S. Als nächstes kommt dann bestimmt die Pensionsdebatte. Ja, die sind besser als in der gesetzlichen Rentenversicherung bei gleichem Brutto. Aber das ist im Beamtenbrutto eingepreist. Das ist dafür halt niedriger als in gleicher Funktion in der Privatwirtschaft. Und sie können den Arbeitgeber nicht wechseln, weil der Staat sie bei einer Bitte um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis mit dem relativ niedrigen Brutto in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Dann haben sie wirklich Pech gehabt.

Wenn Sie finden, dass Beamte so viele Vorteile haben: Bewerben Sie sich. Der Staat braucht gute Leute und hat jetzt schon Probleme sie zu finden. Haben Sie sich mal gefragt, warum es trotz all der "Privilegien" z.B. Lehrermangel gibt? Und ob es angesichts dessen sinnvoll ist, die Rahmenbedingungen zu verschlechtern? Oder sie müssen die Rentenbeiträge halt auf das jetzige Brutto drauflegen. Dann wird es für Sie als Steuerzahler wieder teuer... Manchmal sollte man hoffen, dass man nicht bekommt, was man sich laut wünscht.

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