Ach herrje, die Spezis, die seit 150 Jahren Marx widerlegt haben wollen, sind Legionen. Am Ende der Diskussionen wurde immer offenbar, daß diese ihre eigenen Irrtümer Marx unterstellten und sie nur Adaptionen Eugen Dührings waren, wissenschaftliche Kretins, die ihr beschränktes Wissen als Maß aller Dinge verkauften.
Dieses Phänomen beobachtete bereits Marx selbst. Er wunderte sich in einem Brief, daß einfache Arbeiter seine Werttheorie sofort begriffen, aber nicht die Professoren.
Dem Ansinnen der Marx-Kritiker, -Widerleger und -Verbesserer wie aller, auch der bekannten "marxistischen" bisherigen Kapitalinterpreten kommt allerdings entgegen, daß in den ersten Ausgaben die Zusammenstellung der Werttheorie nicht optimal war, viele wichtige Erkenntnisse dazu waren in anderen Arbeiten untergebracht. Er selbst wollte das ändern, scheiterte aber an der ihm verbliebene Zeit. Selbst Engels spielte dabei keine gute Rolle.
Die von Marx formulierte Wertformanalyse in ihrer Gesamtheit wurde erst 2017 durch die Neuausgabe "Das Kapital 1.1-1.5" durch Rolf Hecker und Ingo Stützle im Ergebnis ihrer langjährigen Arbeit bei der MEGA zur Kenntnis gebracht. Dabei ist der Band "1.5 Wertformanalyse" der Kern. Diese Ausgabe offenbart, daß die bisherigen Kapitalinterpretationen auf eine Wertgrößenanalyse abstellen, wohingegen Marx durchgängig eine Wertformanalyse betrieb. Der Unterschied ist in der erwähnten Artikelfolge zu sehen. Es ist nicht verwunderlich, daß diese Ausgabe in den einschlägigen Kreisen schlicht ignoriert wird, ebenso in der politischen Linken.
Der Kern der Marxschen Analyse ist die Wertdefinition. Das ist auch sein Hauptverdienst, nicht das Manifest, das übrigens nicht so sehr von Marx, sondern von Engels inspiriert wurde. Das Manifest wird üblich als Ablenkung vom Wert benutzt.
Die Methode von Marx in seiner Wertformanalyse hat, ich möchte sagen, unangreifbar, Dieter Wolf in der Arbeit "Von den allgemeinen Eigenschaften, Arbeitsprodukt und abstrakt menschliche Arbeit zu sein, zum Wert und zum 'Doppelcharakter der Arbeit'" dargestellt:
https://www.degruyter.com/view/j/zksp.2017.4.issue-1-2/zksp-2017-0010/zksp-2017-0010.xml
Seine Ableitungen sind so dicht, daß keine Stecknadel Platz hat. Da verwundert es nicht, daß all die "Kapitalinterpreten" seit 4 Jahren schweigen, allerhöchstens einen verwendeten Begriff in Frage zu stellen versuchen. Eine fundierte Kritik brachten sie nicht zustande.
Zum Schluß. Wie soll denn das gehen, ein zunächst theoretisches Problem praktisch angehen? Hören wir auf zu denken, laßt uns lieber einen Kaffee trinken?
Politik anzupacken ohne theoretische Vor- und gleichzeitige Arbeit geht immer in die Hosen, die Geschichte ist voll von Tragödien. Einfach loslegen, ohne die Richtung bestimmt zu haben, wir werden schon eines Tages wieder auf den richtigen Weg kommen?
Ach ja, klappt ja. Anstatt nach Westen gehe ich Richtung Osten und werde irgendwann im Westen ankommen, die Erde ist ja rund. Mache ich oft so.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (20.10.2021 09:57).