Ansicht umschalten
Avatar von mind.dispersal
  • mind.dispersal

mehr als 1000 Beiträge seit 02.03.2010

Neulich hörte ich Zizek sagen...

... - und da bin ich ganz bei ihm - , der ganze Aktionismus, ob nun politisch, sozialistisch, positivistisch, progressiv, wie auch immer, läuft ins Leere und in der Regel (historisch erwiesenermaßen) immer auf das Gleiche hinaus. Was man brauche, sei keinen Aktionismus, sondern eine Diagnose!

Meiner Meinung nach sind die Fragen, die wir uns stellen müssen, jene, warum die Menschen das alles mitmachen.

Wie kann es sein, dass wir davon sprechen, in einer Demokratie zu leben, in der aber 90 % der Menschen in Konzernstrukturen eingebunden sind, mit teils bis zu hunderttausenden Lohnabhängigen, die diktatorisch, monarchisch oder wie über ein Zentralkomitee von Privatpersonen geführt werden, die - wen soll es wundern? - in diesen Strukturen geradezu obszöne Reichtümer, mit dem Geld, das andere erarbeitet haben, anhäufen? Und da ist es völlig gleich, ob man sich den Kapitalismus oder den "realen, so geschehenen Sozialismus" anschaut, in dem sich ja doch nur die "Revolutionäre" an die Macht geputscht und sich die Taschen vollgestopft haben.

Wie kann es sein, dass die meisten Menschen diesen Widerspruch nicht einmal erkennen, geschweige denn benennen können, selbst dann nicht, wenn sie ihre Arbeit hassen?

Diese ständig überall entstehenden Machtverhältnisse sind nicht rein typisch für den Kapitalismus, sie sind beinahe systemunabhängig, geografisch ubiquitär und haben bis zum heutigen Tag eine erstaunliche, historische Kontinuität.

Weder irgendeine Revolution, noch irgendeine Aufklärung haben daran jemals irgendwo etwas geändert. Es ist sogar so, dass in der gegenwärtigen Situation berechtigterweise die Angst vor einer "Refeudalisierung" umgeht.

Ich glaube mittlerweile nicht mehr, dass es daran liegt, dass die Menschen eingelullt werden, dass sie in einer Huxleyschen Brave New World dauerbeschäftigt werden und deswegen irgendwie nicht realisieren, dass sie Sklaven/Machtabhängige sind. Ich glaube, dass sie sehr wohl verstehen, wo sie in diesem Machtgefüge stehen, aber gar nichts anderes kennen, als das Machtgefüge und deswegen nicht herausfinden. Ihre einzige Antwort auf die eigene Stellung im System ist, selbst Macht über andere Menschen haben zu wollen, egal in welcher Beziehung, lieber Täter, als Opfer zu sein.

Deswegen führt jede Revolution von Unten am Ende zu einem Joch von Oben.

Der einzige Weg hinaus ist vielleicht im Sinn von Arno Grün, zurück zur eigenen Lebendigkeit zu finden, die nicht nur frei ist und frei atmen kann, wenn sie die Oberhand in einem Machtgefüge hat, sondern seine Bedürfnisse autonom in Gesellschaft anderer und mit anderen erfüllen kann. Wer braucht da zig Milliarden an Privatbesitz, um sich dann doch nicht glücklich zu fühlen?

In der Geschichte ist rein psychologisch irgendwann mal was grundsätzlich schiefgelaufen, nach Katastrophen, Hungersnöten, jedes Mal wenn überleben davon abhing, sein Mitgefühl abzutöten.

Aber das ist auch nur eine sehr schwammige Annahme.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten