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  • hrwe

mehr als 1000 Beiträge seit 02.04.2001

Re: Misstrauen ist Bürgerpflicht!

tintinhh schrieb am 10.08.2024 14:57:

1. Unsere Verfassung und das Grundgesetz setzen den mündigen Bürger voraus. Der Artikel geht jedoch davon aus, der gemeine Bürger wäre eben gerade nicht in der Lage, sich eine eigene Meinung zu bilden und müsse daher grundsätzlich anderen die Entscheidungsgewalt überlassen.

Nein, der Artikel sagt, dass man ohne gewisses Vertrauen, die Welt nicht erfassen kann.
Man kann sich sehr wohl seine eigene Meinung bilden, aber nicht dadurch, dass man versucht alles (scheinbar) von Grund auf zu verstehen. Das kann nur funktionieren, wenn man irgendwelchen Vereinfachungen (oder Lügen) glaubt.

Das ist so nicht richtig. Zwar ist eine echte Basisdemokratie aus rein praktischen Gründen unrealistisch, aber das bedeutet nicht, dass sich nicht jeder eine eigene Meinung bilden kann und das auch sollte. Voraussetzung dafür ist der Zugang zu umfassender, ausgewogener, unabhängiger Information. Dafür haben wir die öffentlich rechtlichen Medien. Eigentlich.

Da dieses Forum ja sehr gut weiß, dass der ÖRR nur Unsinn erzählt, kann der leider nicht weiterhelfen.

2. Die repräsentative Demokratie funktioniert nur so lange die gewählten Akteure ein Mindestmaß an Integrität mitbringen. Eine Wahl von Interessenvertretern ist nur so lange sinnvoll, wenn diese sich nach der Wahl so verhalten, wie vor der Wahl versprochen. Tun sie das nicht, ist eine Wahl sinnlos.

Das ist leider aus verschiedenen Gründen oft nicht möglich und war es auch noch nie.
Vielen Leuten scheint nur schwer zu fallen, zu unterscheiden, was tatsächlich z.B. Klientelpolitik ist und was durch äußere Zwänge passiert (vor allem, wenn sie selbst betroffen sind).

Wenn beide oben genannten Punkte nicht erfüllt werden, schwindet das Vertrauen. Aktuell erleben wir, dass sich die Politik vom Wählerwillen zunehmend abkoppelt.

Ich glaube nicht, dass es in der Vergangenheit wesentlich besser war. Es gibt eben heute nur Parteien, die behaupten, reale und herbeigeredete Probleme könnten im Handumdrehen gelöst werden.

Um das rechtzeitig zu bemerken und gegenzusteuern zu können, ist Misstrauen gegenüber den machtpolitischen Eliten unbedingt erforderlich. Was allerdings schmerzlich fehlt, ist ein geeignetes Instrument, diese Entwicklung rechtzeitig zu stoppen.

Es ist also eigentlich genau andersherum: Fehlendes Misstrauen führt zu Bevormundung und Fortschritt gibt es dann höchstens noch für die Machteliten, aber nicht für die Gesellschaft.

Das Problem ist schon zu erkennen, wer die Eliten sind. Die Politiker jedenfalls nicht.

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