kivan schrieb am 16.12.2023 12:45:
alexf38 schrieb am 15.12.2023 22:21:
Es ist doch aber strittig, ob es sich überhaupt um einen Versuch Russlands handelt, sein Territorium zu vergrößern. Das behaupten westliche Medien, Russland behauptet was anderes.
Nämlich? Der ganze Krieg dreht sich och darum, dass die Ukrainer unter russischer Kontrolle bleibt, dass muss nicht zwingend als russisches Territorium sein, Satellitenstaat reicht.
Der Krieg dreht sich - das behaupte ich - auf russischer Seite darum, Abstand* zwischen die eigene Landesgrenze und feindlich gesinnte militärische Installationen zu bringen. Dafür, das ist richtig, versucht Russland vollständige Kontrolle über die Ukraine auszuüben. Das Ziel ist aber nicht, das eigene Land zu vergrößern (etwa um Siedlungsprojekte zu verwirklichen oder Industrie aufzubauen - oder diesen Schmonz von den russischen großimperialen Träumen, welchen zu bedienen Putin beliebt, wenn er zu seinem Volk spricht).
Das ist ein motivationaler Unterschied, der nicht nur im Rechtswesen einen bedeutenden Unterschied ausmacht - sondern eben auch in der Berichterstattung. Denn es macht für die Akzeptanz der Medienkonsumenten einen himmelweiten Unterschied, Putin als jemand darzustellen, der brutal die Sicherheitsinteressen seines Landes und seines Machterhalts durchsetzt, oder als den "Kreml-Killer", einen untersetzten Wahnsinnigen, der übergroßen, zaristisch assoziierten Großmachtsphantasien nacheifert. Im einen Fall liegt ein begründbares, nachvollziehbares Eigeninteresse vor, im anderen nicht, außerdem keine Vehandelbarkeit: Wahnsinnige lassen sich nicht überzeugen, nur zwingen. Daher: Noch mehr Waffen ist die einzige Lösung, Kampf bis zum letzten Ukrainer, das muss jeder einsehen.
(* Abstand: Berechnete Vorlaufzeiten für Angriffe verschiedenen Typs. Wie lange dauert es, bis Verbände/Lenkflugkörper aller möglichen Art an der Grenze sind? 180 Sekunden SRBM-Flugzeit sind gefährlich kurz, wenn es darum geht, eine erste Einschätzung und sofort eine Entscheidung zu fällen, die vielleicht - nix genaues weiß man in der kurzen Zeit - eine nukleare Antwort erfordert. Denn mit sowas rechnen halt auch die Russen. Aber auch große mechanisierte Verbände, die innerhalb weniger Stunden an der Grenze sein können, sind aufreibend, weil man ganz paranoisch wachsam sein und dauerhaft große Reserven am Standort binden muss, was andernorts evt. Lücken reisst und obendrein teuer ist. Den meisten Leuten leuchtet die Analogie mit Kuba 1962 ein, sofern sie die Reaktion der USA rechtfertigt - dass Russland ähnliche, eigene Sicherheitsinteressen hegt, erscheint nicht akzeptabel. Dabei hat auch die Kubakrise eine Vorgeschichte, die der Gegenwart ähnelt.)