Nach meiner Erfahrung sind alle Menschen Rassisten - außer ich. Ich betrachte die Menschen von einer Außenseiterposition.
Man muss den Begriff nur weit genug fassen, z.B. als Sünde. Als Sünde wäre er eine Erbsünde sozusagen, die erst abgearbeitet werden muss, um zur Erlösung zu gelangen.
Als quasireligiöses Artefakt ist der Rassismus als Sünde suspekt, ein Rückgriff auf eine steinzeitlich religiöse Weltanschauung.
Ich gehe davon aus, die Gedanken sind frei und die Gefühle auch. Sie haben nur den Nachteil, wenn man sie ausspricht, können sie jemanden beleidigen und wenn man seine Handlungen danach ausrichtet, können sie diskriminierend sein.
In gewisser Weise ist das allerdings unvermeidlich, weil jeder Mensch nach seinen Neigungen lebt, dabei auswählt und verwirft und sowieso sich in gewissem Maße von seiner Umwelt abgrenzen muss, um eine selbstbestimmte Persönlichkeit zu werden.
Der Mensch ist also ungerecht, mal bevorzugt er wen, mal stößt er wen zurück und manchmal behandelt er zu verschiedenen Zeiten einen Betroffenen verschieden.
Und wie in all diesen Dingen, kommt es darauf an, ob es Privatsache ist oder man sich dafür öffentlich rechtfertigen muss. Wo man Rassismus aber rechtfertigen muss, da nicht weil er eine Sünde ist, sondern doch nur, insoweit er ein Irrtum ist, zumal vielleicht ein biologischer oder noch heikler, ein politischer Irrtum.
Wenn jemand so rumläuft und sich über seine schlechten Erfahrungen mit Schwarzen Gedanken macht, erinnert mich das stark an meine Kindheit, wo ich als Katholik mit dem Katechismus anhand eines Katalogs falschen Denkens Gewissenserforschung für die Beichte machen sollte. Habe ich unzüchtige Gedanken? Im Bett, am Arbeitsplatz oder in der Badewanne? Möchte ich mit einem Schwarzen ins Bett? Stoße ich ihn zurück, wenn er mir als Homosexueller erotische Avancen macht? Beleidige ich ihn damit?
Solche Kataloge der Selbsterforschung sind stets zum Steinerweichen, egal ob sie sich um Sexualität oder Rassismus drehen. Das ist unaufgeklärter Quatsch, der, wenn er politisch wird, in Terror ausartet, statt der Befriedung des geselligen Miteinanders zu dienen.
Ob Rassismus gerechtfertigt ist oder nicht, entscheidet sich in der guten oder schlechten Begründung. Die Menschen haben eine spontane Art in sekundenschnelle andere einzuschätzen: fremd oder einer von uns, hübsch oder hässlich, aggressiv oder harmlos und sie haben territoriale Interessen. Wer zur Familie gehört, darf auf mein Land und in mein Haus, der Fremde bleibt draußen, denn ich will, dass mein Land mir gehört und nicht einem Dahergelaufenen. So ungefähr verlaufen die Besitzstandsinteressen. Das ist in fast allen Ländern gleich so, es sei denn, die Bevölkerung wird fremdbestimmt von kapitalistischen (also ökonomisch begründeten) oder kolonialistischen Ideen.
Die meisten rassischen Herabsetzungen geschehen heute aus statistischen Gründen. Die eine Bevölkerungsgruppe - beispielsweise im Laufe eines Bürgerkriegs - hat 5% Mörder und 20% Gewalttäter hervorgebracht, die andere nur 0,1 % Mörder und 10% Gewalttäter, dafür bringt sie mehr Mathematik-Asse hervor als die andern, die sich gegenseitig den Hals abschneiden. Will ich mit einem Haufen Mördern zusammenleben? Sarrazin war so ein Großmeister zweifelhafter Statistiken, die irgendwas begründen können.
Ich persönlich habe nur wenige Prinzipien, eine davon lautet, ich werde nicht Leute aufgrund irgendwelcher Statistiken hassen. Entweder kenne ich jemanden persönlich, dann kann ich ihn lieben oder hassen. Leute, die ich überhaupt nicht kenne, sind mir eher gleichgültig.